Dienstag, 19. September 2017

Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata, Teil 1: Im Garten

Schirm-Ölweide mit Blüten
Vor ein paar Tagen (also Mitte September) habe ich die roten Beeren unserer Schirm-Ölweiden abgeerntet. Das sind buschige Gehölze, die ohne Schnitt bei mir bis zu 3m hoch werden. Sie wachsen am Grundstücksrand, schaffen nebenbei etwas Sichtschutz. Das Aussehen ihrer Blätter erinnert an Ölbäume, Olivenbäume. Die Kinder pflückten nach einiger Motivation (die übliche Erziehungserpressung) auch Beeren mit.

Das sind tolle Pflanzen, trotzdem selten zu sehen. Mit massenhaft Vorteilen, die sich auch bei uns im Garten voll bestätigt haben:

  • Sie wachsen nicht nur auf Guten, sondern auch sehr gut auf armen und trockenen Böden, in Hitze und Kälte. Klimawandel? Ölweiden wachsen trotzdem. Als eine der wenigen Nicht-Leguminosen holen sie sich benötigten Stickstoff mittels Knöllchenbakterien selber aus der Luft. Man kann somit noch auf schlechtem Boden Früchte ernten und gutes Wachstum erleben.
  • Austrieb Ende März mit
    geschlossenen Blütenknospen
    Ein warmer Winter mit frühem Austrieb und dann harter Spätfrost, wie es die letzten Jahre leider so oft vorkam schadet ihnen nicht. Ölweiden blühen früh und tragen trotzdem, auch wenn die meisten anderen Obstarten schlappmachen und die Fruchtansätze oder sogar die Triebe erfrieren. Nicht die Ölweide, Ernteausfall wegen Frost habe ich bei ihr noch nie erlebt.
  • Bienen und Hummeln fliegen drauf, ganz im Gegensatz zu solchen frühblühenden Insektenwüsten wie Forsythien. Sie bieten nicht nur Pollen, sondern auch Nektar. Sie duften leicht. Richtig intensiv war der Duft zu erleben, als ich eine blühende Pflanze vor dem einpflanzen im kleinen geschlossenen Raum des Autos transportierte.
  • Als stachellose Verwandte des Sanddorns tragen sie massenhaft essbare kleine rote Beeren, die für viele Verwertungsarten brauchbar sind. Wenn man sie nicht ernten mag, ernten Vögel.
  • Da die Art streusalzfest und hangstabilisierend ist, wurden sind gelegentlich schon vor Jahrzehnten als Strassenbegleitgrün erst im Osten Deutschlands gepflanzt, später auch in Norddeutschland. Sie ist gut geeignet, um sie an Gehwegen und Strassen entlang zu ziehen, auf die im Winter Salz abgeladen wird.
  • Ausserdem sind sie gut schnittverträglich und auch als Heckenpflanze tauglich. Als ein Nachbar eine meiner Pflanzen aus Versehen bodennah mit dem Freischneider abgesägt hat, schlug sie aus der Wurzel wieder aus und schaffte in einem Jahr wieder über einen Meter Höhe. Schirm-Ölweiden wachsen am stärksten und halten am Meisten aus, Vielblütige Ölweiden (siehe unten) bleiben etwas kleiner und wirken lichter.
Schirm-Ölweidenstrauch in Vollblüte, Frühling.

Herkunft

Blätter: Ledrig und fein punktiert
Ölweiden bilden mit eurasischem Sanddorn und nordamerikanischen Büffelbeeren eine Familie. Sie kommen überwiegend aus Asien, in Deutschland werden die Arten Elaeagnus multiflora (vielblütige Ölweide), Elaeagnus umbellata (Schirm-Ölweide), Elaeagnus pungens (Dornige Ölweide), Elaeagnus angustifolia (Schmalblättrige Ölweide) gepflanzt. Zuverlässig gute Früchte bilden hierzulande nur die Vielblütige und die Schirm-Ölweide, die anderen Arten haben zwar grössere und ebenfalls wohlschmeckende Früchte, schaffen die Fruchtbildung in unserem Klima jedoch nicht. Die Fruchtansätze werden fast immer von Winterfrost zerstört, aber der Strauch wächst schön. Die Ölweiden sind je nach Sämling mal teilweise, mal gar nicht selbstfruchtbar. Es werden also in der Regel für guten Fruchtansatz zwei verschiedene Pflanzen benötigt, die nicht aus dem Steckling derselben Mutterpflanze entstanden sind. Auch die Befruchtung zwischen Schirm- und Vielblütiger Ölweide funktioniert manchmal. Die vielblütige Ölweide ist an ihren längeren Fruchtstielen und grösseren Früchten mit meistens früherer Reife von der Schirm-Ölweide zu unterscheiden. Die Früchte schmecken aber ähnlich.

Blüten, Früchte


Schirm-Ölweide Früchte am Strauch
Züchterisch sind sie kaum bearbeitet, man nimmt sie in Europa nur als Zierpflanze wahr. Mir geht es aber wie immer um die Früchte, um interessantes Wildobst. Aus den USA gibts einige Auslesen, in Asien gibt es tatsächlich einige Fruchtsorten der vielblütigen Ölweide mit grösseren, wohlschmeckenderen Früchten, die in Deutschland unbekannt geblieben sind. Einzig die Zufallsauslesen "Sweet Scarlet" und "Red Cherry" der vielblütigen Ölweide sind selten erhältlich, die angeblich grössere und bessere Früchte haben. Ich habe von der vielblütigen Ölweide neben Sämlingen und Sweet Scarlet auch die Sorte Dr. Szczepan, die sich aber erst bewähren muss. Für die Schirm-Ölweide existieren Auslesen wie "Red Cascade", "Jewel", "Brilliant Rose", "Big Red".
Aber Vorsicht. Die schon länger verbreitete "Sweet Scarlet" wurde mir bereits öfters verkauft, entpuppte sich aber mehrfach als Schirm-Ölweide statt als vielblütige Ölweide, nicht einmal die Art, geschweige denn die Sorte stimmte. Schirm-Ölweiden erreichen bei mir Fruchtgrössen von nur rund 7 mm, bei sehr jungen Sträuchern noch darunter - es sind ziemlich kleine rote Beeren. Ältere Pflanzen bekommen etwas grössere Früchte. Reif werden sie Mitte September, hängen bis in den Oktober. Die vielblütige Ölweide kommt auf weniger Früchte, dafür bis zu 1,5cm Durchmesser. Ausserdem reifen die Früchte viel früher. Was nicht unbedingt ein Vorteil ist, zu dieser Zeit sind sowieso mehr als genug andere Strauchobstarten reif.

Jüngst hat Lubera, eine Produktionsgärtnerei schweizer Herkunft die sich mit ihrer Hauptmarke an Privatkunden richtet einige Schirm-Ölweiden ins Programm aufgenommen, verwendet auch erfundene und geschützte Markennamen ("Amoroso", "Fortunella", "Sweet'n'sour"). Darunter sind auch gelbfrüchtige Varianten, eine Mutation die auch im Ursprungsgebiet vorkommt. Bis auf ein gehobenes Preisniveau und gutes Marketing in blumiger Sprache scheinen die Lubera-Auslesen aber keine einzigartigen Eigenschaften zu haben.

Schirm-Ölweide, Blütenbüschel
Die Blüte im April zieht sich manchmal bis in den Mai, ist zwar nicht sehr bunt, aber dafür überreichlich, dauert bis zu zwei Wochen, beginnt weiss und endet gelblich. Man sagt der Blüte einen Duft nach Vanille nach, ich finde sie duften einfach frisch blumig, angenehm. Vor allem Nachmittags wird sie intensiv von Hummeln und Bienen (wenn es warm genug ist) beflogen, da bildet sie auch Nektar, ansonsten nur Pollen. Wenn sie schliesslich verwelkt und abfällt, sieht es aus wie wenn auch der Fruchtansatz weg wäre. Ist er aber nicht. Die Ansätze bleiben, es sind sehr kleine, unscheinbare grünbraune Stiftchen und verändern sich bis in den Spätsommer fast nicht. Dann plötzlich werden sie grösser und färben innerhalb weniger Wochen um, bleiben aber noch lange hängen. Man kann sich Zeit lassen mit der Ernte, sofern keine Vögel vorher ernten.

Pflanzen kaufen oder besorgen - Vorsicht


Unscheinbare kleine, unreife Früchte der Schirm-Ölweide
Werden Ölweiden angeboten, sind es fast immer nur Sämlinge oder Stecklinge von Sämlingen und meistens werden auch die verschiedenen Ölweidenarten bunt durcheinandergewirbelt. Hauptsache, die Pflanze wird verkauft.  Kaum ein Bild bei den Pflanzenverkäufern zeigt auch die angeblich angebotene Ölweidenart. Ich bin auch schon oft hereingefallen. So ist die vermeintliche Vielblütige Ölweide oft in Wirklichkeit eine Schirm-Ölweide, die leicht vermehrbar ist und deshalb die "Standard-Ölweide" im Verkauf geworden ist. Schon von drei Verkäufern wurde mir eine Schirm-Ölweide geliefert, obwohl ich eine vielblütige Ölweide gekauft
Der Habitus eines Strauchs der e. umbellata
habe. Besonders oft stimmen die Fruchtbilder nicht. "Experten" in Baumschulen verkaufen die Schirm-Ölweide und nehmen dafür gerne Bilder von ovalen, grösseren Früchten an langen Stielen und täuschen attraktivere weil grössere Früchte vor. In Wirklichkeit zeigen diese Bilder vergösserte Bilder der Vielblütigen Ölweide oder sogar der schmalblättrigen Ölweide, die in Mitteleuropa leider überhaupt keine Früchte bildet, Kultursorten in Asien jedoch 2cm grosse Früchte haben können, grösser wie alle anderen Ölweiden. Sieht toll aus, gibts aber hier nicht.

Also Vorsicht vor blumigen, reich bebilderten Versprechungen von Verkäufern. In 95% aller Fälle bekommt man irgendeine möglichst billig produzierte Stecklingspflanze, egal was dazu gesagt und gezeigt wird.

In Teil 2 geht es um Erntetechnik, Aromen und Qualität sowie Verarbeitungstechniken.

Teil 3 konzentriert sich auf die Vielblütige Ölweide. Im Detail kann man sie von der Schirm-Ölweide unterscheiden, sie hat ein paar eigenständige, interessante Eigenschaften.

Montag, 18. September 2017

Unser Garten

Der Herbst kommt, genau die richtige Zeit um damit anzufangen, über Nutzgärten zu schreiben. Erst mal eine kleine Vorstellung: Wir bewirtschaften einen Hausgarten im östlichen Landkreis Heilbronn, dem Zweistromland mit den sich lange parallel schlängelnden Flüsschen Jagst und Kocher. Wir haben rund 180qm intensiv bewirtschafteter Fläche mit Gemüse und Obst, ausserhalb gibt es noch zwei grössere Obstwiesen mit vielen Obstgehölzen und zwei extensiv bewirtschaftete Aussengärten mit weiteren 300qm Gartenfläche. Leider ist alles sehr verteilt, brauchbare zusammenhängende Flächen sind in unserem dicht besiedelten und stark vernutzten Land schon lange nicht mehr zu haben. Besonders am Haus hätten wir gerne mehr Fläche, aber Häuser mit grösseren Grundstücken sind nicht zu haben oder völlig unbezahlbar - ausser man erbt. Auf den besten Böden unserer Gemeinde stehen neue gigantische Industriegebiete, vorwiegend Grosslager und "Logistikdienstleister" mit Billigarbeitsplätzen für von weither importierte Arbeiter, alles in -zig Hektargrösse. Auf den besten Hausgrundstücken unserer Gemeinde stehen selbst in den ehemaligen Dörfern dicke Auffahrten, Doppelgaragen und Schottergärten. Bauerngärten, Scheunen, Vorgärten - zugebaut, zugeteert, erstickt - die Vernichtung aller natürlicher Grundlagen durch Bürger, Gemeinderat und Land schreitet eifrig voran - also alles so wie überall in Deutschland.

Unsere Zwerg-Wyandotten
Unser Klima ist Weinbauklima, aber spätfrostgefährdet, häufig sehr sommertrocken weil die Gegend im Regenschatten liegt. Dafür gibts auch nur selten Hagel im Sommer. Das Klima ist insgesamt zunehmend problematisch, einerseits haben wir im Sommer eine extreme Hitzebelastung mit Tagen bis 40°C, die deutschen Sommertemperaturrekorde sind häufig aus unserer Region, der letzte war im nahen Bad Mergentheim. Hitzeschäden aller Art sind die Regel. Andererseits ist aber auch Spätfrost häufig, kalte Luft zieht nachts im Frühjahr vom höher gelegenen Bauland in die Flusstäler herab. Der Hausgartenboden ist leider auch kein Hit, ein schwerer, toniger Lehmboden mit nur 25-30cm Mächtigkeit, hohem Kalkgehalt, darunter kommt sofort Kalkschutt mit zähem Ton verbunden, dann Kalkfels. Bauern sagen Minutenboden dazu: Zwischen nassklebrig und trockenhart gibts nur eine Minute, in der er gut zu bearbeiten ist. Bewässerung ist also ein wichtiger Faktor, denn bei so dünner Bodenauflage und langen Trockenphasen im heissen Sommer gibt es sehr schnell Trockenschäden. Wir nutzen Regenwasser, haben einen grossen unterirdischen Regenwassertank.

Bienenstand am Waldrand
Daneben halten wir ein paar Hühner (sehr hübsche Zwerg-Wyandotten) als gute Ergänzung zum Garten. Es gibt ein Gewächshaus, ausserdem bin ich Imker mit einigen Völkern, die ausserhalb des Orts am Waldrand stehen. Bis zur Selbstversorgung (ausser mit Honig) schaffen wir es aber bei weitem nicht, die verfügbare Fläche ist viel zu klein. Und es essen auch zu Viele. Ich bin Vater von drei Mädchen und einem Jungen. Die gelegentlichen und nicht mehr verarbeitbaren Ernteübermengen im Sommer verschenken und vertauschen wir gerne an Nachbarn und Freunde.

In der "Gartenzone" soll es ganz unideologisch um Nutzgärten, regionale Vorgänge, Selbstversorgung gehen, darunter viele unkonventionelle Methoden und Sichtweisen, Lust an Neuem ohne das Alte zu verlieren. Sie ist kein KI-generierter Mist, kein Hochglanzmagazin, kein weiteres virtuelles Vegan- oder Landlustgeschreibe, hat lieber Dreck, pardon, gute Erde, an den Stiefeln. Es gibt keine Werbung, kein Betteln um "likes", keine Links in irgendwelche Läden, vor allem keine "affiliate links", kein Social-Media Kram. Langatmige Amateurvideos, abgeschriebene Weisheiten, Dauerfeuer dünner oder geklauter Inhalte, Bilder einer KI, von Bilderdiensten und stimmungsvolles Lifestyle-Gedöns wird man hier ebenfalls nicht finden, dafür Inhalte, echte Erfahrungen, eigene echte Bilder, manchmal Muskelkater. Mit der Domain "gartenzone.de" habe ich glücklicherweise absolut nichts zu tun. Erreichbar bin ich per eMail, wer sich Garten und Wirtschaft mal ansehen will ist herzlich eingeladen. Willkommen!