Mittwoch, 2. Januar 2019

Ein Winter mit Quittensaft

Auch ohne "u" schön

Quitten als aromastarkes Verarbeitungsobst erlebten in den letzten Jahren einen kleinen Aufschwung. Weg waren sie nie, schon in der Antike waren sie sehr beliebt, einige Rezepte mit ihnen sind aus dieser Zeit überliefert, seither existieren sie auch in den wärmeren Gegenden Mitteleuropas. Ihr botanischer Namen lautet Cydonia oblonga - Äpfel aus Cydon, Kreta. Bei mir haben sie schon länger einen Aufschwung erlebt, Quitten sind einer der Gründe dass ich mit dem Obsthobby begonnen habe. Unsere Region kommt dem entgegen, Quitten waren hier immer häufiges Obst.

Quitten in Mode


Einer meiner Bäume, trägt regelmässig 200kg
Der Aufschwung zeigt sich daran, dass immer mehr Quittenprodukte zu haben sind, vor allem Quittensaft taucht wieder häufiger auf. Preise von 3,5 EUR bis 10 EUR pro Liter sind normal. Herausgestellt wird der gute Polyphenolgehalt, Quittensaft gilt als gesund. Begleitet wird das von weiteren Produkten wie Bücher, Aufstriche, Liköre, Rezepte, Senf, Schnaps, Quittensekt bzw. Quittenschaumwein. Letzterer kann sehr, sehr gut werden, ist allerdings noch auf der Exklusiv-Luxus-Superteuer-Ebene angesiedelt. Zu nennen wäre da Marius Wittur, der mit seiner Gründung "Mustea" einiges in Sachen Quitte erreicht hat. Leider scheint der Schwerpunkt mehr auf medialer Präsenz, Zertifizierung und Warenzeichenanmeldung zu liegen, die angeschlossene Baumschule und die meisten Produkte sind meistens nicht zu haben. Es gibt aber noch mehr Leute, die einen Schaumwein produzieren und anbieten: Heinz Kölle in Bönnigheim oder Hartmut Scheuring in Königsberg/Unterfranken. Viele Baumschulen haben Quitten ebenfalls entdeckt, wo früher nur zwei, drei Sorten Standard waren werden heute fleissig mehr Sorten gesammelt, vermehrt und angeboten. Eine Schwierigkeit dabei ist die Sortenechtheit, Quitten lassen sich schlecht bestimmen und Sortenverwechslungen sind an der Tagesordnung.

Noch Anfang Januar liegen ungeerntete Früchte ohne zu faulen
und innen unverbräunt auf der Wiese
Ihr Anbau ist durch die veränderten Jahreszeiten einfacher geworden. Quitten sind goldene Kinder der Sonne, sie lieben warme Gegenden. Ihre mässige Frostfestigkeit im Winter begrenzte früher die Zonen, in denen sie überhaupt wuchsen. Und bis heute gibt es Gegenden in Deutschland, in denen man sie besser nur als Zierpflanze wachsen lässt, in hohen Lagen, im Norden und Nordosten. Langjährige Vergleiche von Bäumen in verschiedenen Regionen, Verarbeitungsversuche und Zuckermessungen über Jahre hinweg haben es mir eindeutig gezeigt: In Gegenden mit mässigen Wärmesummen bleiben sie zu zuckerarm, aromaarm, säure- und gerbstoffreich. Dieselbe Sorte erbrachte bei 200m Höhenunterschied im Standort einmal 45°OE und war unharmonisch, in wärmerer tiefer Lage 55°OE und sehr gut als reinsortiger Saft zu trinken. Doch die genauen Erfahrungen und Anbaudetails werden noch in einem eigenen Beitrag beleuchtet. Da das Klima immer wärmer wird, gibts es auch immer mehr quittengeeignete Gegenden, Quitten scheinen bis jetzt zu den Gewinnern des Klimawandels zu gehören.

Hydropresse. Unten die Wasseranschlüsse.
Jedenfalls reagieren sie auch sehr stark auf unterschiedliches Sommerwetter und Behangsdichte. Mein Rekordzuckergehalt einer Quitte lag bei einer Konstantinopler Apfelquitte bei sagenhaften 110°OE, das sind 22,6° Brix. 2018 lagen die Zuckergehalte durchweg deutlich oberhalb 70°, ebenfalls mit noch weit höheren  Spitzen-Einzelwerten. Das Jahr war bekanntlich extrem trocken und heiss. Quitten waren das einzige Obst, das ich noch ernten und verwerten konnte, Äpfel und Birnen vertrockneten am Baum und fielen schliesslich im November faulend und klein herunter. Auch ganze Apfelbäume starben auf unserem schlechten Boden ab. Nur auf besserem Boden gab es noch Ernten, dann aber mit starken Qualitätseinbussen, Fehlaromen, ein klebriger Saft ohne Säure. Quitten nicht, sie waren gut und aromastark wie nie. In normalen Jahren bringen Quitten hier 52-58°OE (11,3° Brix), die Unterschiede zwischen den Sorten sind bei gleicher Behangstärke nicht gerade riesig.

Diesmal geht es um die Verarbeitung von Quitten, vor allem der Saftherstellung. 2018 habe ich erstmals grössere Mengen reinsortig hergestellt. Mit zwei Methoden: Einmal mit einer Hydropresse in eigener Regie. Dann mit einem Freund zusammen in der Lohnmosterei mit grosser, klassischer Packpresse, wo wir jedes Jahr auch unsere Äpfel pressen lassen. Kleinere Mengen bis 20 Liter habe ich früher schon mit einer kleinen Spindelpresse, Mengen bis 10 Liter mit dem Handpressbeutel gemacht. Wir produzieren darüber hinaus regelmässig Quittenspeck und Quittengelee. Der Freund lässt sie auch reinsortig vergären, ich habe sie bisher immer nur dem Apfelgärmost beigemischt.

Welche Quitten für Saft?


Alle Sorten sind für reinen Quittensaft gut brauchbar. Entscheidend ist der Reifezustand und der Zuckergehalt. Bei voller Ausreife hat keine Sorte noch unangenehm viel Gerbstoffe. Wichtigster Anzeiger, ob sie reif wurden und genug Sonne bekamen ist der Zuckergehalt. Presst man ein paar Probefrüchte und misst weniger als 50° OE, sollte man vorsichtig sein. Das halte ich für die Untergrenze für Saft. Gewiss kann auch leichter Saft gut sein, das sollte man aber erst einmal gut verkosten und beurteilen, bevor man 500kg davon durch die Presse jagt und dann merkt: Der ist nix. Solche Quitten sollte man nur zugemischt im Apfelsaft verwenden, zusammen mit süssen Äpfeln. Dort helfen sie bei der Klärung, die Gerbstoffe werden verdünnt und das Aroma vielfältiger.
Meine Hauptsorte für reinen Quittensaft ist Lescovac, sie reift hier zuverlässig aus, bringt einen relativ hellen Saft mit ausgewogenen Komponenten. Lecker. Ein einziger älterer Baum liefert jährlich 100-250kg, Lescovac alterniert auch weniger wie viele andere Sorten.

Verarbeiten, pressen


Waschen, ausschneiden, abreiben
Wie haben wir den Saft gemacht? Zuckergehalt der Früchte gelegentlich geprüft ob er noch ansteigt, Quitten geerntet als sie von selbst vom Baum fielen. Ohne weitere Lagerung (sie werden nicht besser durch Lagerung, sondern veratmen ihre Aromen Stück für Stück) flaumreiche Früchte mit einem alten Stück Stoff abgerieben, schlechte Früchte aussortiert oder nur schlechte Stellen ausgeschnitten. Ob man den Flaum auf der Schale abreibt, ist Geschmackssache. Lescovac hat in normalen Jahren sowieso kaum welchen. Ich finde, das ist nicht so wichtig, aber damit bin ich wohl in der Familie in der Minderheit. Also gibts eine Abreibung. Mit der Obstmühle mahlen. Quitten wirken zwar hart, sind aber mit den Hobby-Obstmühlen problemlos zu Maische zu verarbeiten. Die Maische kommt in die Presse, eine Hydropresse mit 40l - Presskorb. Nach zehn Minuten ist der Saft draussen, die Maische ausgepresst und kann entfernt werden. Sie ist guter, kompostierbarer  Dünger oder noch besseres Tierfutter für Schafe. Fertig ist der Rohsaft.

Mit dem elektrischen Obstmuser mahlen
Abhängig von der verwendeten Technik kann man die entflaumten Quitten auch in eine Lohnmosterei bringen, dort sind 100kg aber meistens die Mindestmenge und man bezahlt für die Pressung. Vorteil ist auch, dass die Pressen mittlerweile alle eine Bag-in-Box Abfüllung bieten, man kann den fertigen Saft sterilisiert in Folienbeutel abfüllen lassen. Bis 150kg ist Eigenverarbeitung sinnvoll, darüber werden die Mengen einfach zu unhandlich. Pressen geht natürlich auch in kleinen Spindelpressen oder einem Nylonpressbeutel von Hand. Man braucht auch keine Obstmühle für kleine Mengen, bis 10kg kann man sie auch mit einer fein- bis mittelgroben Raspelscheibe einer Küchenmaschine reiben und dann mit dem Pressbeutel auspressen. Nur von Dampfentsaftung ist abzuraten, die Aromenqualität sinkt bei dieser Extraktionsmethode ziemlich ab.

Sie sind sehr gut pressbar, aber die Ausbeute ist mit 50-60 Gewichtsprozent Saft etwas geringer wie bei Apfelsaft, der bis zu 75% Ausbeute haben kann.
Quittenmaische, frisch gemahlen
Einfüllen der Maische in die Hydropresse
Der Saft fliesst
Ausgepresste Maische

Abfüllen, Haltbarkeit, Verwendung


Frisch gepresster Rohsaft
Der Saft klärt sich sehr aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe schnell von selbst und wird dunkel. Roh schmeckt er herrlich, man sollte sich ein paar locker verschlossene Flaschen davon in den Kühlschrank stellen, ein paar Tage ist er haltbar bevor er gärt. Den Rest kann man erhitzen und steril in Flaschen füllen (dabei wird der Saft wieder hell) oder roh in ein Druckmostfass geben. Dort beginnt er auch zu gären, aber der gärungsbedingt entstehende CO2-Duck würgt die Gärung auch gleich wieder ab, er bleibt monatelang frisch obwohl er ungekocht ist. Sein Aroma hält sich sehr gut.

Quittensaft trinken wir wie Wein. Pur, unverdünnt, mässige Mengen, nicht gegen den Durst sondern zum Genuss. Apfelsaft ist oft in Verdünnung besser und auch besser durstlöschend, bei Quitten sehe ich das anders. Diese Aromabomben mit ihren leckeren Gerbstoffen verlangen nach kleinen Schlucken und langsamem Genuss statt nach Verdünnung und runterkippen. Aber das ist Geschmackssache. Leichtere Quittensäfte sind in gleicher Verpackung kürzer haltbar wie Apfelsaft. Nach einem Jahr ist die Frische nicht mehr da. Möglicherweise kann eine Ascorbinsäurezugabe das verbessern.

Roher Quittensaft lässt sich natürlich auch vergären, der oben erwähnte Schaumwein ist ein Produkt daraus. Ferner wurden schon sehr gute Essige aus Quittenmost hergestellt, Quittengelee in tausend Variationen, Likör, ein Pudding, Glühwein/Punsch, zum aromatisieren von Torten und Gebäck.

Am herrlichsten ist Quittensaft jetzt im Winter in einem Weinglas am Kamin, während es draussen trübe und kalt ist. Die goldene Frucht des Sommers erleuchtet uns in trüber Jahreszeit von innen.
Druckmostfass

Sonntag, 9. Dezember 2018

Die Hühner mausern sich

Im Herbst wird es immer ungemütlich für die Hühner. Sie mausern sich. Das bedeutet, sie verlieren Stück für Stück ausnahmslos alle ihre Federn, ein neues Federkleid wächst nach. Das ist zeitweise ein trauriger Anblick. Erst sieht das aus, als wäre das Huhn gerupft und hätte Stacheln entwickelt. Das sind die Kiele und Schutzhüllen der neuen Federn. Die neuen Federn schieben sich dann langsam aus den Kielen, die Schutzhülle geht ab und die Federn entfalten sich. Abgefallene Schutzhüllenreste sehen aus, wie wenn das Huhn Schuppen hätte.

Schlecht gelauntes Huhn in der Mauser, Kälte und Wind mag es nicht

Die Mauser ist auch ein Scharfrichter. Der Organismus der Hühner ist besonders belastet, die Todesrate liegt in dieser Zeit besonders hoch. Überleben sie, wirken sie danach wie verjüngt. Stirbt ein Huhn, geht es einen Tag vorher in eine Trauerphase. Es wird still, rennt nicht mehr herum. Abends will es wie Anderen in den Stall, am nächsten Morgen liegt es tot am Schlafplatz.

Auch die Flügelfedern werden lückig

Die Belastung für das Huhn ist während der Mauser hoch, auch deshalb legen sie dieser Zeit wenige oder keine Eier. Die Tageslänge spielt ebenfalls eine Rolle. Wenn Eier gelegt werden, sind sie oft dünnschaliger und mit mehr Schalenfehlern als sonst im Jahr. Im Laufe des Oktobers bis Mitte November vertröpfelt sich der Eierlegeeifer, danach gibts es nur noch vereinzelt Eier bis Januar. Ausser, man hält sie wie in kommerziellen Betrieben mit künstlichem Licht und ausgefeilten Futtermischungen. Würde man das nicht tun, hätte man auch keine frischen Eier für die Weihnachtsbäckerei. In früheren Zeiten hat man für den Winterverbrauch versucht, Eier länger zu lagern, hat sie in Wasserglas eingelegt, einer Alkalisilikatlösung.

Neue Federn und ihre Schutzhüllen am Kopf des Hühnchens

Auch die Flaumfedern der Hühner fallen aus. Beobachtet man die Hühner, hat man den Eindruck, sie würden frieren. Sie ziehen gerne den Hals ein, bleiben ruhig stehen und gucken unterkühlt aus der Restwäsche. Im Hühnerstall und Gehege fliegen die ausgefallenen Federn herum. Die sollte man zum Hühnermist geben, Federn bestehen wie wie Horn, Haare, Fingernägel, Hufe, aus Keratin und sind so wie Hornmehl ein organischer Dünger mit einem Stickstoffgehalt von rund 12%.

Bei der Mauser abgeworfen: Rechts Schwungfedern, links Körperfedern mit Daunenanteil
Herbst und Mauser: Man sieht etwas gerupft aus

Samstag, 1. Dezember 2018

Yakon, Polymnia sonchifolia, wieder was Neues

Yakon, Wurzel, halbiert
Immer mehr Wurzeln aus Südamerika rollen in Deutschland an. Süsskartoffeln sind fast schon eingebürgert, Yakon oder Yacón erlebt sprunghafte Verbreitung, Maca und Oka kommen, einen etwas bescheideneren späten Erfolg feiert Topinambur, Gärtner probieren auch schon Arakacha aus. Teilweise werden sie  wegen ihrer angeblichen Gesundheitswirkung angepriesen, teilweise ist es einfach die Lust auf Novitäten, die zu neuen Zielen drängt. Topinambur habe ich schon lange, Süsskartoffeln seit einiger Zeit, Maca ausprobiert und nun auch Yacón.

Im Internet ist schon sehr viel deutschsprachiges über Yakon in Deutschland zu lesen, hervorgehoben werden oft gesundheitliche Wirkungen und guter Geschmack, beispielsweise unter  https://www.garten-treffpunkt.de/lexikon/yacon.aspx. Davon will ich nichts wiederholen, sondern von eigenen Erfahrungen berichten. Vor allem der Punkt "Geschmack" wird gerne oft in blumigen Worten und positiv dargestellt. Ist das so?

Yakon Jungpflanze
Dieses Jahr zog sie in unserem Garten ein. Die ausgepflanzten Jungpflanzen entwickelten sich nur langsam, das Wachstum verlief zäh und langsam. Der Sommer war heiss und trocken, trotz viel Wassergaben kam sie nicht vom Fleck, sondern liess jeden Nachmittag die Blätter hängen. Offensichtlich tut ihr trockene Hitze nicht gut. Gegen den Herbst hin wurde endlich das Höhenwachstum stärker, aber schon beim ersten leichten Nachtfrost im Oktober wurden die Blätter geschädigt, während daneben noch Paprika und Tomaten drei Wochen länger bis November ohne Schaden wuchsen.
Yakonpflanzen im Oktober, Frostschaden
Die Höhe blieb mit 80cm bei allen Pflanzen unter den Voraussagen. Blüten gab es keine. Ich habe sie dann Ende Oktober geerntet. Pro Pflanze gab es rund ein Kilo verwertbare Knollen. Nett, aber auch keine grossen Mengen.

Wie schmeckt sie?


Frisch geerntet und halbiert
Die entscheidende Frage. Zunächst die Konsistenz: Die Knollen sind nicht sehr hart, brechen leicht und sind unglaublich saftig. Die Knollenstruktur ist viel weicher wie Topinambur, die grossen Knollen wirken innen fast schon breiig, nur aussen fester.

Nun der Geschmack: Direkt nach der Ernte war das Aroma sehr schwach, sie wirken wässrig, auch keine Süsse war zu spüren. Sie sind noch geschmacksdünner wie Topinambur, höchstens ein erdiger Hauch wie bei Karotten. Erst im späteren Nachgeschmack kommen Aromen, aber sie sind unangenehm, ein anhaltender Bitterton breitet sich aus und etwas papierartiges, das sehr lange im Mund bleibt und dem Nachgeschmack einiger Süßstoffe entspricht, vor allem die aus Glykosiden, Steviablätter, Süßholz, aber ohne die Süsse. In diesem Zustand waren sie für mich eigentlich ein Fall für den Kompost.
Hell gelagerte Knollen wurden rosa
Dann lagerte ich sie eine Zeitlang hell, wie es empfohlen wird. Dadurch sollen sie süsser und besser werden. Zuerst änderte sich die Farbe, von Weiss zu Rosa. Jetzt stimmte auch der Sortennamen "rose". Letzte Woche schliesslich nochmal verkostet. Im Geschmack zeigten sie sich nun richtig süss, aber es ist eine neutrale Süsse ohne Begleitung, wie die einer Zuckerrübe, nur weicher in der Konsistenz und ohne jede Säure. Der Bitterton verschwand. Aber selten so eine langweilige, süssliche Wurzel gegessen.

Dafür hatte sie keine Krankheitsprobleme. Die Knollen waren makellos, Drahtwürmer und Schnecken mögen sie wohl nicht. Die Süsskartoffeln in der Nähe waren durchaus wieder angefressen, am Nichtvorhandensein der Schädlinge lag es nicht. Eine ziemlich gesunde Pflanze abgesehen von der Wasserbedürftigkeit. Sturm, Blattläuse, allerlei Raupen, Sonnenbrand, nichts hat sie niedergemacht. Das dargebotene Grün wird übrigens auch von den Hühnern abgelehnt. Unsere sind ansonsten wenig heikel und fressen gerne viel Grünes, aber Yakonblätter nicht. Für Menschen werden sie als Tee empfohlen.

Fazit


Das Ergebnis stimmt nicht gerade begeistert. Sie hat einfach zu wenig Aroma, um interessant zu sein. Die Süsse ist für ein Wurzelgemüse einzigartig, aber viel zu einseitig und nicht begleitet von Geschmack. Prädikat: Netter Versuch, wird aber erst einmal nicht viel Platz im Garten bekommen.

Stengel sind innen hohl, macht sie windfester

Yakon, Frisch aus der Erde gezogen

Yakon, eben geerntet





Mittwoch, 21. November 2018

Im Farbenrausch des Popcornmais

Manche Maissorten schaffen eine Farbenpracht, die fast schon psychedelisch wirkt. Und das muss auch kein nur zum Anschauen brauchbarer Ziermais sein, sondern je nach Sorte ist er auch sehr gut zur Popcornherstellung geeignet. Das aufgepoppte Popcorn bleibt natürlich weiss.

Im Anbau hat er aber einige Nachteile, wie ich mit der Zeit feststellen musste.
  • Sein Ertrag ist niedrig, sowohl pro Pflanze als auch der Flächenertrag. Kolben und Körner bleiben klein. Pro Pflanze wurden wenige und kleine Kolben angesetzt.
  • Er muss ganz ausreifen und benötigt dazu das ganze Vegetationsjahr. Zuckermais kann man je nach Sorte viel schneller ernten und die Fläche danach mit einer anderen Kultur im selben Jahr noch einmal nutzen.
  • Die Pflanzen sind nicht besonders gross und robust. Maispflanzungen unterdrücken oft den Unkrautwuchs recht gut, diese Sorten eher nicht.
  • Die richtig wilden und schönen Farben haben nur ein paar Kolben. Die Meisten sind gelb mit ein paar eingestreuten andersfarbeigen Körnern oder sogar ganz gelb. Den schönen Dekorationseffekt haben aber nur bunte Kolben und davon gibts nicht viele.
  • Das Saatgut ist teuer, in den Tütchen solcher Sorten sind nicht viele Körner.
Dieses Jahr hatte ich ihn wieder im Anbau, unter anderem die Sorte "Caritas". Die Kolben sind eine prima Zierde, jetzt sind sie ganz trocken geworden und die Popcornproduktion hat begonnen. Hier eine Bilderstrecke, was dabei herausgekommen ist.

Manche Kolben sind vollbunt












Sonntag, 11. November 2018

Schlehen, Schätze aus der Wildnis

Nutzgärtner ernten nicht nur aus dem eigenen Garten. Wer sich für Obst und Gemüse aus dem Garten interessiert, wird auch an Wildobst Interesse haben. Damit sieht es in Deutschland zwar nicht so reichlich aus, Mitteleuropa ist Dank der letzten Eiszeiten relativ artenarm und seit der Neuzeit ist das Land sehr stark vernutzt. Es ist ausgeräumt und verbaut. Mittlerweile wachsen die meisten Arten in Strassenrandhecken. Einige Wildobstarten leiden zudem schwer unter importierten Katastrophenschädlingen wie der Kirschessigfliege, Brombeeren, Holunder und Wildkirschen zum Beispiel. Aber es gibt ein paar Schätze, die mit Hilfe von zeitgemässen Verarbeitungsmethoden durchaus gute Leckereien ergeben können.

Die Schlehe


Reife Schlehen am Strauch
Einen dieser Schätze habe ich vor kurzem wieder einmal geerntet, was wie bei jeder Wildobstart Zeit benötigt. Im Eimer sehen sie aus wie kleine blaue Weinbeeren: Die Schlehe, Prunus spinosa, Schwarzdorn. Jeder kennt sie, sie ist häufig und eine wirklich einheimische Art. Schon im Frühling erkennt man sie von Weitem, ihr Blütenbesatz ist so reich dass die Sträucher reinweiss erscheinen. Insekten lieben die nektarliefernden Blüten ebenfalls. Dieses Jahr haben viele Sträucher Massenbehang. Die Beeren sind wegen der Trockenheit aber klein, die Pflückleistung liegt bei dichtem Beerenbesatz bei bis zu 2kg pro Stunde. Beisst man hinein, fragt man sich, wie man so eine gerbstoffhaltige, herbe Beere mit grossem Kern überhaupt nutzen kann. Zerquetscht man sie, erhält man eine schmierige Maische, die sich nicht abpressen lässt. Was soll man daraus schon machen?

Verarbeitung der Schlehen früher


Blütenpracht von Schlehensträuchern
Überkommene Hausrezepte raten zu übergiessen der Früchte mit heissem Wasser, dann ziehen lassen, abgiessen, das Ganze mehrfach wiederholen. Oder entsaften mit dem Dampfentsafter. Das wird auch vieltausendfach im Internet so verbreitet. Beides ergibt aber unbefriedigende Ergebnisse ohne gute Qualität. Das Ergebnis ist toterhitzt, wasserverdünnt, geschmacklich mässig, ausser man mischt noch Zucker hinein und verdünnt noch weiter.

Herrlicher Schlehensaft 


Reiche Ernte in Sicht
Wir gehen völlig anders vor, um einen exklusiven reinen Presssaft ohne Zusätze zu bekommen. In guten Jahren erreicht dieser Saft ohne weitere Zuckerung locker über 100° OE, dieses Jahr wieder 105° OE (21,6 Brix), 110° sind mein Rekord. Vergoren würde das um die 15% Alkohol ergeben. Schlehen sind für ein Wildobst nämlich aussergewöhnlich zuckerreich und kennt man die Tricks, um den Gerbstoffgehalt etwas zu senken, erreicht der Saft ohne Übertreibung die Qualitäten guter Rotweine. Wie Wein zeichnet er sich dadurch aus, dass er kein alleinbestimmendes Geschmackselement enthält, sondern aus einem Strauss verschiedener Aromen zusammengesetzt ist, die gut miteinander harmonieren und die Zunge auf Entdeckungsreise schickt. Die stärkste dieser Komponenten ist nicht wie erwartet ein Zwetschgenaroma, sondern Kirsche und Mandel. Daneben stehen Brombeere, Zwetschge, Lakritze, Kakao, Zimt.

Nur: Mit den Methoden der Vergangenheit bekommt man das nicht. Mit einer Presse kann man die pektinreichen Früchte auch nicht entsaften. Und wenn, ist der Saft sehr gerbstoffhaltig. Es heisst oft, nach dem ersten Frost würden die Gerbstoffe verschwinden. Das stimmt nur zum Teil. Der Frost baut keine Gerbstoffe ab, Tannine sind froststabil. Aber beim Auftauen platzen Zellen, die Früchte saften unter der Fruchthaut. Dadurch können sich Anthocyane aus der Fruchthaut und Tannine aus dem Fruchtfleisch verbinden und polymerisieren sich zu langkettigen Molekülen, die nicht mehr adstringierend schmecken. Der Vorgang findet erst nach dem Auftauen statt. Der Gerbstoffgehalt wird dann in der Tat schwächer, ist aber meist immer noch unangenehm stark. Direktsaft aus Schlehen nach Frost kommt immer noch auf bis zu 5g / Liter Gerbstoffgehalt, kräftige gerbstoffhaltige Rotweine haben maximal 2,5g / Liter. Der Bereich zwischen 1g und 1,5g wäre optimal.

Der Gerbstoffabbau findet auch bei Überreife statt, aber die wird in Mitteleuropa selten erreicht. In warmen Jahren ohne frühe Fröste kann es aber im Herbst durchaus sein, dann man angetrocknete Früchte vom Strauch essen kann, die kaum mehr Gerbstoffe haben. Darauf ist aber kein Verlass. Wir sind da in einer Zwickmühle: Späte Ernte sorgt für weniger Gerbstoffe aber auch weniger Saft, weil die Früchte mit der Zeit antrocknen. Oder wir bekommen gar keine mehr, weil Vögel abgeräumt haben.

Wie wirds denn nun gemacht?


Schlehen frisch aus der Tiefkühltruhe
Hier das System, das ich mit der Zeit entwickelt habe: Schlehen frühestens Ende Oktober pflücken, gegebenenfalls waschen und trocknen, dann in Plastiktüten füllen. Die kommen für zwei Tagen in die Tiefkühltruhe. Wieder rausholen, im geschlossenen Eimer auf Zimmertemperatur auftauen und warm werden lassen. Geschlossener Eimer deshalb, damit uns nicht das Kondenswasser alles verwässert, das sich sofort an den eisigen Früchten niederschlägt. Danach sind sie weich und leicht mit der Hand zerdrückbar geworden. Um diese Konsistenz zu bekommen werden sie eingefroren und nicht bloss wegen einer erhofften weiteren Gerbstoffreduktion. Schliesslich wird eine Prise Pektinase drübergestäubt und sofort eingemaischt. Das mache ich mit der Hand, aber es gibt sicher noch effizientere Methoden. Die Beeren werden einfach mit beiden Händen komplett zerquetscht, die Kerne bleiben in der Maische. Ein paar Stunden stehen lassen, abpressen, fertig ist der noch ziemlich gerbstoffhaltige Saft. Wie in der Weinbereitung ebenfalls üblich werden nun die Gerbstoffe reduziert, Mittel der Wahl ist Flüssiggelatine. Absetzen lassen, abziehen, probieren.
Maischeherstellung von Hand

Pektinase


Sieht wild aus, wird aber lecker. Schlehenmaische, verflüssigt.
Was ist Pektinase? Um pektinhaltige Maischen wie die aus Zwetschgen, Johannisbeeren oder hier Schlehen zu verflüssigen, verwendet man seit geraumer Zeit das Enzym Pektinase. Es ist in der Lage, Pektine zu spalten. Besonders in der Obstwasserherstellung werden Maischen damit versetzt. Ein bekannter Handelsname einer Pektinase ist "Antigel", das im Zubehörhandel für Hobbywinzer zu haben ist. Andere Pektinasevariationen laufen unter dem Handelsnamen Shiazym oder Pectinex. Pektine fungieren auch als die Kittsubstanz der Zellen, die dem pflanzlichen Gewebe die Festigkeit geben. Sie bestehen aus Vielfachzucker, überwiegend aus verknüpften Polygalakturonsäuren. Je nach Veresterungsgrad unterscheidet man zwischen hoch- und niederverestertem Pektin. Geliermittelprodukte für Marmelade enthalten normalerweise hochveresterte Pektine.

Durch die enzymatische Spaltung der Pektine durch die Enzyme in der Maische entsteht daraus Methanol in kleinen Mengen, das später beim offen sterilisieren (aufkochen) schon ab 65°C verdampft. Würde man Schlehenschnaps destillieren, müsste man allerdings fachkundig und konsequent arbeiten, damit Methanol vollständig abgetrennt wird. Für Brennversuche mit einer illegalen Amateurdestille im Hobbykeller eignen sich pektinasebehandelte Schlehen nicht.

Pudrig-pulvrige Pektinase
Bei Zimmertemperatur (je wärmer, desto schneller) dauert es nach intensivem Mischen der Pektinase mit der Maische nur wenige Stunden und die klebrige Maische gibt den Saft schnell frei. Das kann man auch sehen, er bildet kleine violettrote Seen an der Oberfläche. Auch die Aroma-, Säure- und Zuckerfreisetzung aus den Zellen ist besser.

Wer "Antigel" nimmt, sollte ruhig mehr dosieren wie auf der Packung vorgeschlagen. Die Gerbstoffe der Schlehen (Polyphenole) hemmen die Wirkung der Pektinase, das muss man ausgleichen. Überdosierung schadet nicht.

Abpressen


Abpressen mit dem Nylon-Handpressbeutel
Pektinasebehandelte Maische lässt sich viel leichter und besser auspressen. Bei Schlehen läuft das immer noch etwas zäh. Ich nehme dafür einen Handpressbeutel aus Nylon, ebenfalls ein Produkt aus dem Hobbywinzerhandel. War man eifrig und hat grössere Mengen gesammelt, gehen auch andere Pressmethoden wie Hydropresse oder Spindelpressen.

Die trocken gewordene Maische kann man ebenfalls noch einmal verwerten. Damit kann man noch einen Aufguss in der Art herstellen, wie es von all den Schlehensaftrezepten vorgeschlagen wird: Mit heissem Wasser übergiessen, stehen lassen, abgiessen. Hochwertigen Saft gibt das nicht mehr, aber gut zu trinken ist er noch nach der unten beschriebenen Gerbstoffreduktion.

Ausgepresste Maische

Gerbstoff reduzieren, Rohsaft erhalten


Bodensatz mit Gelatine/Gerbstoffe
In besonderen Jahren und bei später Ernte ist der rohe Presssaft bereits hinreichend harmonisch, weil er nicht mehr zu viele Gerbstoffe enthält. Man kann ihn direkt trinken, sterilisieren oder zu Gelee verarbeiten. Roh fängt er sofort zu gären an, also sofort verwenden. Meistens ist der Gerbstoffgehalt aber noch viel zu hoch. Um ihn zu reduzieren kennt man aus der Weinbereitung viele Möglichkeiten. Altbekannt und klassisch ist die Gelatineschönung. Mit Flüssiggelatine funktioniert das am Besten, auch sie kann man im Hobbywinzerhande leicht besorgen.

Bei Zimmertemperatur wird etwas Flüssigelatine eingerührt. Die Dosierung muss vom Gerbstoffgehalt abhängen. Hobbywinzerrezepte helfen hier nicht, Schlehensaft benötigt viel höhere Dosierungen. Diesmal musste ich bei mittlerem Gerbstoffgehalt pro Liter Saft etwa 2 Centiliter (ein Schnapsglas voll) zugeben. Sofort flocken Gelatine und Gerbstoffe aus. Hat man zu viel zugegeben, wird der Saft milchig, ganz ohne Gerbstoffe schmeckt er auch weniger gut. Also vorsichtig vorgehen, zugeben, rühren, einen Löffel probieren, eventuell noch einmal etwas zugeben. Was ausflockt, setzt sich in ein paar Stunden unten ab. Man zieht den Saft oben ab (z.B. über einen Schlauch), lässt den Bodensatz zurück. War der Gerbstoffgehalt hoch, gibt es viel Bodensatz, die Ausbeute ist dann leider gering. Fertig.

Flüssige Gelatine und Pektinase
Zwischen Gelatine und Gerbstoffen findet keine chemische Reaktion statt. Nur die Moleküle beider Stoffe ziehen sich gegenseitig an, lagern sich aneinander an, werden dadurch schwerer und sinken zu Boden ab. Andere professionelle Mittel zur Gerbstoffreduktion sind Eiweiss, Kasein, Silikat, Protein aus Erbsen, Chitosan - beim Wein gut erprobt, bei Schlehen bleibt noch viel auszuprobieren. Möglicherweise sind einige dieser Stoffe günstiger, um Bodensatz von Saft zu trennen, haltbarer, haben andere Vorteile.

Wir haben immer noch Rohsaft vor uns - nie erhitzt, direkt aus der Frucht. Jetzt kann man ihn heisssteril abfüllen (aufkochen) oder Gelee daraus machen. Eventuell ist noch eine leichte Zitronensäurezugabe nötig, damit es gut geliert. Man kann auch Fruchtleder daraus machen, Fruchtwein, ihn wegen seiner Farbe und Aroma irgendwo zumischen, Punsch...

Abgefüllt. Sehr kräftige schwarzrote Farbe, nichts scheint durch.

Käufliche Produkte


Zu kaufen gibt es ebenfalls eine Menge aus Schlehen, um populärer zu werden sind sie aber viel zu teuer. Es gibt Gin mit Schlehen, Trockenbeeren, Liköre, Schlehenwasser das zur Spitze der Obstwässer gehören kann, Marmelade zu Kilopreisen um die 30 EUR, Schlehenwein, Schlehenessig und Balsamessig, Pulver, einen Schlehenelixier mit viel Zucker und 35% Fruchtanteil zum Literpreis von über 40 EUR sowie Saft - in kleiner Flasche zum Preis eines sehr hochwertigen Weins.

Wer die Tricks heutiger Verarbeitungsmethoden kennt, kann das Wildobst selbst nutzen und damit eigene exlusive und qualitativ hochwertige Ergebnisse bekommen. 



Ernte

Die Farbe...