Posts mit dem Label Gewächshaus werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gewächshaus werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 15. Mai 2020

Frostschutz im Gewächshaus

Apfelblüten nach Luftfrost im April dieses Jahr
Die letzten Jahre ist ein Wettermuster Standard geworden, das schlichtweg katastrophal für Hobbygärtner ist. Drei Dinge treten dabei gleichzeitig auf:

  • Es gibt ganze Wintermonate, die praktisch frostfrei sind mit Höchsttemperaturen von bis zu 20°C, so auch dieses Jahr im Januar und Februar. Die Winter sind sehr, sehr warm, tags wie Nachts. Die Gehölze kommen kaum in Winterruhe.
  • Es gibt in der besten Vegetationszeit im Frühling und Frühsommer, manchmal auch sehr viel länger ganze Monate, in denen nicht ein Tropfen Regen fällt.
  • Der April ist sommerheiss, der Austrieb findet bis zu vier Wochen vor den früheren typischen Tagen statt, wobei ab Mitte April teilweise sehr tiefe Fröste Schäden wie noch nie verursachen, auch bis hin zum totalen Ernteausfall beim Obst. Der Mai ist eiskalt mit Schneefallintermezzos, Nachtfröste dauern auch über die Eisheiligen hinaus, selbst in unserer relativ warmen Weinbaugegend. Seit vier Jahren gab es es nicht ein einziges Jahr, in dem die Weinbauern keine Spätfrostschäden zu beklagen hatten.
Was tut der Hobbygärtner? Er stellt sich Wohnzimmer und Gewächshaus mit seinen frostempfindlichen Pflänzchen voll und wartet unter hohem seelischen Druck den Tag ab, an dem er endlich auspflanzen kann. Doch die Fröste hören nicht auf, die Vorhersagen sagen auch für den 16/17. Mai noch eine knackig kalte Frostnacht voraus. Luftfrost wird es wohl keinen geben, aber Bodenfrost.

Auch im Gewächshaus kann es knapp werden. Schwierig wird es auf jeden Fall, denn Paprika und Auberginen bekommen bereits bei unter 5°C Probleme. Das Wachstum hört dann anhaltend auf und es dauert trotz wieder vorhandener Wärme Wochen, bis sich die Pflanze regeneriert hat und wieder wächst. Was tun? Das Gewächshaus nachts heizen ist eine Lösung. Da habe ich schon viele Techniken ausprobiert, deren Praxis hier nun vorgestellt werden soll:

Der elektrische Frostschutzwächter


Ein einfaches, sehr billiges Elektrogerät, das mit normalerweise 500 Watt heizen kann. Es ist kein Heizlüfter und hat keinen Ventilator, die Hitze steigt aus Lüftungsschlitzen auf.

Vorteile:
  • Sehr billig in der Anschaffung
  • Zuverlässig, relativ ungefährlich
  • Leicht aufzuräumen und aufzubewahren.

Nachteile:
  • Schafft nur 500 Watt, was für nicht gut abgedichtete Gewächshäuswer zu wenig ist. Man sollte ihn durchgängig anlassen statt nur über den Thermostat zu schalten.
  • Braucht Strom im Gewächshaus, man benötigt ein langes Verlängerungskabel und muss es ins Gewächshaus führen ohne dass die Tür einen Spalt offen bleibt
  • Wärme steigt steil nach oben, am Boden bleibt es sehr kalt
  • Frisst bis zu 5kwh pro Nacht.

Die Gasheizung


Gas-Frostwächter
Einfache Gasheizer sind beliebt für Gewächshäuser. Sie benötigen eine Gasflasche, das sind Pfandflaschen die man in diversen Läden leer abgeben kann und voll abholt. Ferner wird ein Druckminderer benötigt, wenn er nicht schon mitgeliefert wird. Ein Thermostat ist immer eingebaut - es wird nur gezündet, wenn die Temperatur einen eingestellten Grenzwert unterschreitet.

Vorteile:
  • Sehr gute Heizleistung, es gibt Modelle mit max. 2kwh und max. 4kwh. Damit sind genügend Leistungsreserven da auch für grössere Gewächshäuser.
  • Bessere Wärmeverteilung, die Heissluft wird beim aufsteigen verwirbelt und auch der Heizkörper selbst strahlt Wärme ab.
  • Autonom, kein Stromkabel nötig
  • Hohe Effizienz. Das Gas wird voll in Wärme umgesetzt. Genau dort, wo sie gebraucht wird.

Nachteile
  • Nicht jeder mag mit Gas hantieren, die Gasflasche und das Gerät sind relativ sperrig
  • Restmenge Gas in der Flasche schlecht abzuschätzen. Wenn das Gas ausgeht, geht die Flamme aus und es wird es kalt, Risiko von Frostschäden steigt steil an.
  • Mittlere Kosten. Das Gerät kostet ab 100 EUR, Gas in der Gasflasche ist aber preiswerter wie Strom.
Flasche und Druckminderer


Der Heizlüfter


Auch diese Lösung ist einfach, benötigt aber viel Strom. Viele Leute haben sowieso Heizlüfter im Haus, man muss also möglicherweise gar nichts anschaffen. Aber Vorsicht, keine Pflänzchen damit anblasen.

Vorteile:
  • Heizleistung gut skalierbar, es gibt Geräte mit mehreren Heizstufen. Fürs Gewächshaus ist eine Heizstufe von 1000 Watt meistens richtig.
  • Sehr, sehr billig. Heizlüfter gibts schon ab 10 EUR und die haben sogar einen Thermostat eingebaut. Sie sind kompakt und können auch an anderer Stelle im Haus eingesetzt werden, nicht nur zur Gewächshaus-Frostrettung.
  • Bläst die Luft mit einem Ventilator herum. Damit wird eine gute Verteilung der Wärme im Gewächshaus erreicht, auch am Boden, der Luftstrom verhindert eine Schichtung.

Nachteile:
  • Strom ist in Deutschland sehr teuer. Läuft er mit 1000 Watt durch sind das bis zu 10kwh pro Nacht, also 3 EUR Stromkosten. Angesichts des Kraftwerks-Wirkungsgrades ist auch die Gesamteffizienz nicht gerade gross. Das Problem haben aber alle elektrischen Heizgeräte.
  • Stromkabel nötig.

Kerzen


Auch das habe ich schon probiert. Es funktioniert. Dabei gilt es, die abgegebene Wärmemenge  zu kalkulieren. Eine Kerze liefert rund 50 Watt Wärmeleistung, ein Teelicht ein paar Watt weniger, Kerzen mit dickem Docht ein paar Watt mehr. Für 1000 Watt Heizleistung sind also 20 Kerzen nötig. Da es im Gewächshaus sowieso windstill ist, ist die Zugempfindlichkeit einer Kerze dort kein Thema.

Vorteile:
  • Kein Stromkabel nötig
  • Leicht zu kaufen, leicht aufzubewahren
  • Gut zu skalieren, gut im Gewächshaus zu verteilen, dadurch auch bessere Wärmeverteilung.

Nachteile:
  • Es wird mit offenem Feuer unbeaufsichtigt hantiert. Bei einem Brand kann das nicht nur finanzielle, sondern auch rechtliche Folgen haben. Absolut feuersicher aufstellen.
  • Brennzeiten meistens ungewiss
  • Die Flammen sind sichtbar. Nachbarn könnten besorgt reagieren.
  • Kein Thermostat. Wenn sie brennen, brennen sie, auch wenn es gar nicht so kalt wird oder wenn frühmorgens die Sonne hereinscheint und das Gewächshaus schnell aufheizt.

Es gibt noch einige weitere Möglichkeiten - alte leistungsstarke Halogen - Scheinwerfer, Petroleum-Heizungen etwa. Hat man genug Platz, kann man auch ein Regenfass mit warmem Wasser und Deckel aufstellen. Manche Leute führen Heizrohre der Zentralheizung ins Gewächshaus. Ideen gibt es genügend.

Hoffen wir auf frostfreie Mai-Nächte - das ist die beste Lösung.

Samstag, 23. September 2017

Auberginen ohne Ende, Kohl am Ende

Es ist Ende September geworden und die ganze Familie isst seit Juli immer noch wöchentlich Parmigiana di Melanzane, eines der bekanntesten Gemüsegerichte der italienischen Küche. Ein seltenes Wunder: Alle mögen es. Hauptzutat: Auberginen, Auberginen, Auberginen. Weiter Parmesan, Tomaten, der Rest ist fakultativ. Beliebt sind Basilikum, Zwiebeln, Knoblauch, Mozzarella. Rezepte dazu liefert jede Suchmaschine tonnenweise.

Kohl am Ende

Auberginenblüte - sehr dekorativ und sehr
nachtschattengewächstypisch
Und zwar wie für Nutzgartenfans zu erwarten unter Verwendung von selbstgezogenen Auberginen mit Aroma, nicht die holländischen Wattekeulen mit schwarzer Schale. Seit Jahren bauen wir Auberginen in Freiland und Gewächshaus an, nur ein paar Sorten aber konsequent. Dieses Jahr auch erstmals eine Vielzahl von Sorten. Der Witz dabei ist, dass dieses Gemüse im Hausgarten mittlerweile sogar wesentlich einfacher und problemloser im Freiland anzubauen ist wie ganz gewöhnliches Kohlgemüse. Jawohl, popeliger Kohl ist am Ende. Verändertes Klima, aggressive Schädlinge, viel zu lange hitzige Trockenperioden - es geht nicht mehr. Exemplarisch mein Rosenkohl, Weisskraut, Spitzkraut, Blaukraut: Erst wird der Keimling von Kohlerdflöhen zerlöchert, dann Welke durch Kohlfliege, dann kam die Kohldrehherzmücke und zerstörte den Wachstumspunkt, mühevoll bewässert, schliesslich kamen die Pflanzen endlich hoch,
Vorsicht, einige Auberginensorten haben
deftige Stacheln am Fruchtansatz!
um im September durch drei Tage Windböen in Sturmstärke umgerissen zu werden. Vielen herzlichen Undank. Kleinigkeiten wie Raupen von Weisslingen und Eulenfaltern, weisse Fliege, Schnecken gar nicht zu nennen. Das war früher anders, aber heute stehe ich damit nicht alleine, wie mir Berichte anderer Gartenfreunde aus wärmeren Gegenden seit Jahren bestätigen. Kohlgemüse (egal welche Sorte) geht nicht mehr ohne massiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Bewässerung und engmaschine Netze. Manche Arten nicht einmal damit. Chinakohl: Dreimal ausgesät, dreimal Dank vieler Temperaturextreme in beiden Richtungen ohne gute Kopfbildung geschossen.

Auberginen ohne Ende

Mitte, oben links: Barbarella.
Unten Obsidian und Ronde de Valance.
Unten rechts: Dnipropetrowsk.
Was längst geht, sind Sachen wie Auberginen, zu deren Anbau man lange Zeit nur südlich der Alpen riet oder bestenfalls für Gewächshausversuche tauglich. Man muss sie zwar wie Tomaten vorziehen, danach wachsen sie ohne viel Aufwand und ohne Pflanzenschutz im sonnigen Freiland, bringen eine kontinuierliche und reiche Ernte. Pflanzen und Früchte sind ausserdem sehr dekorativ, würden optisch auch in einen Vorgarten oder Blumenkasten passen.

Bereits Anfang Juli rollten die ersten grossen Früchte im Freiland an. Von da an rollte es weiter bis jetzt im September. Über Anbaudetails und Reifeanzeichen (nicht einfach!) berichte ich in weiteren Beiträgen, jetzt im Herbst sollen nur ein paar Sortenportraits vorgestellt werden, um ein Gefühl für dieses Gemüse zu bekommen.

Sorte: Laura

Reife Auberginen - oben links "Laura", grünlich
Beliebte Sorte mit breitovalen Früchten. Das Saatgut ist im normalen Samenhandel ohne allzuviele Verrenkungen zu finden. Habe sie schon mehrere Jahre und sie ist mein unangefochtener Geschmacksfavorit. Warum? Weil sie sowohl eine herrliche Konsistenz als auch einen ebenso herrlichen Geschmack bringt. Sie ist sehr schwer und fest, gebacken oder gebraten schmilzt sie fast auf der Zunge. Das Aroma ist Auberginenkonzentrat, dazu ganz leicht bitter, genau richtig. Die Pflanze ist sehr robust, gedeiht in Freiland wie Gewächshaus.
Nachteile: Wuchs relativ niedrig, Erträge mässig, Frucht nur in voller Sonne violett, ansonsten mit mehr oder weniger grossen Anteilen eines unreif aussehendes Grüns, obwohl sie längst reif ist. Im Gewächshaus manchmal vollkommen grünbleibend. Leute, die Auberginen nur violett kennen, irritiert das Anfangs. Die Früchte werden nur manchmal grösser, bleiben ansonsten bei 200g. Je weniger Licht und Wärme, desto kleiner.
Fruchtqualität Note 1-, Optik Frucht Note 3+, Pflanze 2-.


Sorte: Obsidian

Eine samenfeste Sorte, keine F1-Hybride. Die Frucht ist ebenfalls sehr fest und spezifisch schwer, wie es sein soll, bleibt ebenfalls bei 200g. Pflanze etwas grösser wie "Laura". Frucht stärker gefärbt wie "Laura", ausserdem noch breiter, bekommt gerne einen Nabel am Ende. Robust.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 2, Pflanze 2.


Sorte: Ronde de Valence

Auberginensorte Ronde de Valence
Optisch und geschmacklich sehr gut. Kugelrund ist sie tatsächlich - und ausgesprochen hübsch, glänzt stark bis zur Reife. Gut besonnd in edlem Violett, bei weniger Sonne sowohl mit grünen als auch weissen Zonen. Vorsicht, Fruchtstiel hat etwas mehr Stacheln. Die Pflanze wird bis zu 80cm hoch und die Früchte variierten sehr in der Grösse, werden aber oft bis zu sagenhaften 500g schwer. Benötigt Wärme, im Zweifel ins Gewächshaus.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 1, Pflanze 2.


Sorte: Dnjpropetrowsk

Aubergine Dnjpropetrowsk
Der Namen legt eine russische Sorte nahe :-) Vom ersten Aussehen her ähnelt sie holländicher Gewächshausware. Aber nur auf den ersten Blick. Sie ähnelt vielmehr der Sorte "Frühviolette", ist fest, spezifisch sehr schwer, hat grüne Streifen hinter der violetten Deckfarbe. Die Pflanze bleibt bei 60cm, brachte aber auch am weniger sonnigen Platz gute und grosse Früchte. Dank der Fruchtform leichter zu braten wie runde Sorten.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 2, Pflanze 2.


Sorte: Barbarella

Auberginensorte Barbarella Detail
Wer denkt sich solche Namen aus? Hochwachsene Pflanze (Freiland 80cm, Gewächshaus noch ein wenig mehr) mit herrlichen Früchten. Zeigt sich ertragsstark. Die Früchte sind vom norditalienischen Typ, beutelartig. Sie können sehr gross werden und wiegen dann bis zu 500g. Im gut besonnten Freiland färbt sie fast ganz in ein knallig leuchtendes Violett, im Gewächshaus und unter Blättern überwiegt porzellanfarbenes Weiss. Die Früchte sind nicht ganz so dicht, schwer und hart wie die anderen Sorten, aber immer noch weit über Supermarkt-Niveau. Sie bildet schneller Kavernen und sollte auch deshalb schnell geerntet werden.
Fruchtqualität Note 2-3, Optik Frucht Note 1-2, Pflanze 1-2.

Der Reifebeginn der ersten Früchte aller Sorten unterschied sich dieses Jahr kaum voneinander.