Sonntag, 20. April 2025

Monilia: Test einer neuen Behandlung gegen sterbende Äste

Aprikose, weitgehend abgestorbene Äste wegen Monilia

Letztes Jahr um diese Zeit hatte ich in einem grossen Beitrag über Monilia (siehe https://gartenzone.blogspot.com/2024/04/sterbende-aste-steinobst-monilia.html) über die sehr aggressiv gewordene Pilzkrankheit berichtet, über Gründe, Wirkungen, Gegenmassnahmen. Und auch über Kaliumhydrogencarbonat, Backpulver. Das könne in Frage kommen, um eine Schutzwirkung gegen Zweigmonilia zu erzielen. Solche Präparate werden mittlerweile auch von Firmen angeboten, um damit im Bioanbau gegen Monilia während der Blühphase zu behandeln. Damit soll das Keimen der Moniliasporen verhindert werden. Ich hatte im letzten Satz des letztjährigen Beitrages angekündigt, KHCO3 dieses Jahr auszuprobieren. Das ist nun geschehen, vor allem an meinen Aprikosen. Drei Gruppen existierten: 

  1. Drei Bäume wurden mehrfach behandelt, immer nach Regen, denn Regen wäscht Kaliumhydrogencarbonat schnell ab, ein eventueller Schutz verschindet also schnell.
  2. Vier Bäume mit demselben Blühzeitpunkt wurden einmal behandelt, zu Blütenbeginn, dass das Kaliumhydrogencarbonat wenigstens bis zum nächsten Regen vorhanden war. Ein Baum war ein Sonderfall, er war zu hoch für die Spritze, ich habe nur die unteren Äste behandelt.
  3. Die übrigen Bäume incl. einer Mandel wurden nicht behandelt. 

Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig.

Mehrfachbehandelt, Schäden, aber weniger
  • Alle mehrfachbehandelten Bäume zeigten eindeutig schwächeren Befall. Befall gab es durchaus, aber die abgestorbenen Astpartien waren weniger, kürzer, meist nur Fruchtspiesse oder Knospenbereiche. Ein Wirkung war zu sehen, allerdings hätte sie besser sein können.
  • Alle einmal behandelten Bäume hatten starken bis sehr starken Befall. An dem Baum, der nur unten behandelt wurde waren Befall unten stark, oben war er so stark dass kaum ein gesunder Ast übrig ist. Wer nur einmal behandelt, benötigt durchgehend trockenes Wetter oder man sollte es gleich bleibenlassen, weil es nichts bringt. Der erste Regen zerstört den Schutz.
  • Unbehandelte Bäume hatten starken Befall. Darunter auch andere Obstarten, eine sehr früh blühende Nashi und Koreakirschen, bis hin zum Baumausfall, eine Katastrophe auch ausserhalb der Aprikosenbäume.
Monilia an Nashi
bleibt zum Glück meist in den Blütenbüscheln

Nebenerkenntnisse waren: Bäume blieben auch dann gesund, wenn sie nicht blühten und kein offenes Holz durch Winter- oder Pflanzschnitte hatten. Das betrifft zum Beispiel Jungbäume. Wer junge Bäume hat, die noch nicht blühen und deshalb meint, diesese Sorte würde nicht befallen: Abwarten. Monilia dringt eben vor allem durch Blüten ins Holz. Setzt die Floreszenz ein, dann erst setzt auch der Moniliaschaden ein. Eine andere Nebenerkenntnis war die extreme Abhängigkeit von Feuchte und der Beweis, dass sie zwingen nötig für jede Infektion ist. Das Wetter war nämlich sehr feucht bis zu den ersten Frühblühern, danach sehr trocken und zwar auch nachts mnit so niedrigen Taupunkten, dass nicht einmal Tau kam. Was erst ab Beginn der Trockenphase zu blühen begann, blieb dann auch völlig gesund. Bekannte Sache, aber dieses Jahr sehr deutlich wieder erlebt.

Spritzlösung mit Kaliumhydrogencarbonat herstellen

Das Mittel
Wie mischt man Zeug nun an? 2,5g Kaliumhydrogencarbonat Pulver 99,5% pro Liter lauwarmem Wasser aufgelöst ist genügend Wirkstoffmenge. Gesprüht in die offene Blüte, auf die Äste. Doch diese Mischung ohne Netzmittel (=Spreitmittel) und ohne Haftmittel verteilt sich schlecht in der Blüte und wird extrem leicht wieder abgewaschen, dafür reicht schon Nachttau. Mindestens ein Netzmittel sollte man zugeben: Einen kleinen Klecks reine Kalischmierseife ist am einfachsten und billigsten, ebenfalls aufgelöst in Wasser. Besser noch sind Stoffe wie Exopolysaccharide, die man häufig als "biologische Netz- und Haftmittel" kaufen kann und dann gemäss Anleitung als Additiv der Spritzbrühe beimischt. Das sind wichtige Komponenten von Biofilmen und spielen eine Rolle in verschiedenen biologischen Prozessen, einschließlich der Adhäsion an Oberflächen, des Schutzes vor ungünstigen Umweltbedingungen. Ein bekanntes Mittel für private Anwender hat die Handelsmarke "Liposam". Gebräuchlich sind auch Biopolymere aus Stärke, Sophorolipide, Kaliumsalze von Fettsäuren (wie in Schmierseife) und so einiges mehr - die Auswahl ist gross.

Behandelt wird zu Blühbeginn und dann nach jedem Regen, sobald die Blüten wieder trocken sind. Ja, das ist aufwendig. Verdammt aufwendig und geht eigentlich nur im Hausgarten. Aber der richtige und häufige Anwendungszeitpunkt ist essentiell.

Höhere Dosierungen wirken nicht besser, sondern zerstören die Blüten. Das ist manchmal sogar im kommerziellen Anbau erwünscht und wird absichtlich eingesetzt zur Fruchtausdünnung. Kaliumhydrogencarbonat höher dosiert verätzt die Blütenblätter und den Pollen, der sich auf dem Stempel der Blüten befindet, die Befruchtung der Blüte wird verhindert.

Die kommerziellen Produkte

Typischer Harztropfen an befallenen Ästen

Auch einige Profiprodukte für den Bioanbau verwenden Kaliumhydrogencarbonat, zum Beispiel "Kumar" und "Armicarb". Dort steht auch explizit Monilia-Zweigdünne bei Aprikose in der Anwendungsliste der genehmigten Anwendungen, https://www.agrarinfo.de/certisbelchim/76.htm . Die Sicherheits- und Anwendungshinweise sind interessant und helfen auch bei der Anwendung selbst abgemischter Stoffe. Kaufen kann das der Privatanwender aber nicht, heutzutage ist bereits Backpulver zu gefährlich für Obstliebhaber, in Deutschland jedenfalls, in anderen Ländern ist es auf magische Weise ungefährlicher. Auch hier gilt: Wir sollen das Obst gefälligst kaufen und ja nichts erfolgreich selber anbauen. Behelfen wir uns also selbst, das ist zwar auch verboten, aber wir behandeln ja nicht, sondern geben dem Baum nur enthärtetes Wasser, Kaliumhydrogencarbonat ist ein guter Enthärter.

Weitere Mittel

Pfirsich- und Mandeläste überleben eher,
vernarben dann stark und bleiben anfällig

Sind nur noch aus historischen Gründen zu nennen. Der Privatanwender kann nur noch zwei Stoffe kaufen: Ortiva (Azoxystrobin) und Duaxo (Wirkstoff Difenoconazol, ein vollsystemisches Fungizid). Ortiva muss vor dem Regen angewendet werden, mit Duaxo kann noch 24 Stunden nach dem Regen gespritzt werden. Aber die Zulassung von Duaxo für Privatanwender wird nicht mehr lange gelten und auch nicht erneuert, dann ist auch Duaxo Geschichte. Deshalb habe ich mich auch nicht mehr näher damit befasst. 

Angaben zu resistenten Sorten kann ich bislang nicht machen. Der Befallsgrad wechselt von Jahr zu Jahr von Sorte zu Sorte. Dieses Jahr zeigte sich eine bislang immer gut robuste "Orangered" plötzlich sehr stark befallen. Vermutlich sind alle Aprikosen mehr oder weniger anfällig. Sinnvoller ist indirekter Schutz: Je später die Blüte, desto besser, weil das fortschreitende Frühjahr tendentiell immer trockener wird. Spätblühende Sorten holen also nicht nur beim Frostschutz etwas heraus, sondern auch beim Moniliaschutz. Die Chancen sind freilich nur leicht erhöht.

Mehr Hinweise zu Gegenmassnahmen im früheren Beitrag.

Was tun mit befallenen Zweigen?

Übler Moniliabefall an Koreakische

Abschneiden, aber über den besten Zeitpunkt gehen die Meinungen auseinander. Früher oder später müssen sie weg. Ich schneide aber nicht sofort. Das Risiko ist zu gross, dass man zu weit oder zu kurz schneidet und dann über die frische Schnittfläche gleich noch einmal Monilia in den Restast kommt. Also erst warten bis das Wetter stabil warm und in der Voraussage möglichst trocken ist, das kann auch Wochen dauern. Dann wird geschnitten und zwar bis inclusive knapp hinter den typischen Harztropfen, der bei Moniliabefall entsteht. Geschnitten wir also toter Ast plus Harztropfen. Denn dort staut sich der Baumsaft und die Abwehrmittel des Baumes, tritt schliesslich aus der Rinde aus. Die Schnittwerkzeuge immer zwischen den Schnitten desinfizieren. Früher verwendete man dafür den ungeniessbaren Vorlauf vom Schnapsbrennen. Heute kann man Brennspiritus nehmen, am besten auf 70% verdünnen und die Schere dort eintauchen. Auch die Handdesinfektionsmittel gehen, die während der Coroanzeit sehr populär geworden sind, sie wirken auch fungizid, enthalten Isopropanol.

Das Holz unbedingt sofort beseitigen. Verbrennen, Biotonne. Nicht liegen lassen, nicht häckseln und nicht wieder ausbringen. 

Dienstag, 1. April 2025

Eigenschaften von Birnensorten - die lange Liste

Die Apfelsortenliste ist schon da - nun folgt die Birnenliste. Auch da gilt: Alles eigene Erfahrungen und fast immer Bilder von Bäumen, die ich habe oder hatte, zwei Sorten kenne ich von einem langjährigen Nachbarn. Wenn nicht anders genannt, beziehen sich die Beschreibungen auf die warmen und trockenen Standorte meiner Obstwiesen, beschrieben in der Apfelliste. Bei Birnen kommt hinzu, dass unsere Bodenverhältnisse meist ungeeignet sind, weil es viele flachgründige Zonen gibt. Die Erde reicht nicht tief, dann kommen zähe Tonschichten, Kalkplatten. Tiefgründige Keuperauflagen liefern nur einige Hochflächen und dort gibt es intensiven Ackerbau, keine Obstwiesen. Die Birnen stehen also meistens auf weniger tiefebedürftigen Quittenunterlagen (ggf. mit Zwischenveredelung, nicht alle Birnen sind mit Quitte verträglich), was die Fruchtgrösse eher positiv, die Haltbarkeit jedoch eher negativ beeinflusst.

Die Sorten

Stuttgarter Geisshirtle

Klein aber oho: Stuttgarter Geisshirtle

Baum: Eine der vielen, früher sehr verbreiteten kleinen Sommerbirnensorten. Wächst anfangs kräftig, auch auf schlechten Böden. Im Alter Spitzendürre, früh vergreisend. Von alten Bäumen sind die Früchte noch kleiner. Das Holz ist gesund, Blätter auch. Verträgt Hitze und Trockenheit mittelmässig, zeigt dann typische Schäden wie schwarzrandiges Laub, aber regeneriert sich wieder. Bei Spätrösten platzen die Jungbirnen schnell. Höhe früh begrenzen, wie die meisten Birnen will sie stark nach oben weg. Bewertung 2.

Birnen: Kleine Birnen. Für Hutzeln noch tauglich. Auf guten Böden bei Ausdünnung und genügend Wasser können sie auch mittelgross werden, bei Trockenheit bleiben sie sehr klein. Sie sind meistens hübsch, nicht schorfanfällig, ab Mitte August vom Baum weg essbar und dann ein paar Tage lang lecker. Werden bei mir vollständig von Vögeln vernichtet, wenn kein Schutz mit Netz. Die Reife passiert folgernd, erntet man alle Birnen gleichzeitig bekommt man grün und gelb, reif und noch nicht ganz reife Früchte. Fruchtfleisch erst knackig, saftig, eher halbschmelzend wie schmelzend, später weicher. Das Aroma wird generell sehr gelobt, aber viel besser wie andere Sommerbirnen ist sie auch nicht. Ausgewogen, schön süss, birnig, eine runde Sache. Traditionell beisst man die ganze Birne mit ihrem kleinen Kernhaus vom Stiel. Und kann dann nicht mehr aufhören zu essen, weil sie so gut ist. Eine Gute-Laune-Birne für ein paar Tage im Sommer. Bewertung 1-2.

Alexander Lucas

Baum: War früher die klassische Obstwiesensorten und auch als Hausbaum beliebt. Noch im kommerziellen Anbau vorhanden, nimmt aber stark ab weil sie mit dem neuen Wetter nicht klarkommt. Früher galt sie als anspruchslos. Mittelstarker Wuchs, Kronenaufbau gelingt gut, gibt einen schönen aber immer etwas lichten Baum, der leider nicht alt wird. Laub und Rinde mittelmässig gesund. Verträgt Hitze schlecht, benötigt gute Böden. Bewertung 2-3.

Birnen: Grosse Birnen in klassischer Form, manchmal sehr gross bei guter Kulturführung. Sehr schorfanfällig. Sie halten sich im Naturlager bis Weihnachten, in unserem Klima aber trotz Erntezeitverschiebung viel kürzer. Die letzten Jahre waren sie ganz unbrauchbar, bei Hitze taugen die Früchte nichts, werden griessig, Sonnenbrand, beulige Schale, Temperaturschwankungen mag sie auch nicht. Ansonsten Ernten im Oktober wenn sie noch hart sind. Lager muss trocken sein, sonst verstärkt Lagerkrankheiten. Im Aroma sind sie eher bescheiden, süss aber recht neutral und immer wieder Steinzellenprobleme. Der Zeitpunkt zwischen "hart" und "Matsch" ist frustrierend kurz. Heute nicht mehr wirklich anbaufähig. Bewertung 4-5.

Frühe von Trevoux

Frühe von Trevoux reift sehr folgernd

Baum: Früher eine beliebte Sommerbirne, versandfest. Sparrig wachsend, aber vital, keine Probleme. Aber nur bestenfalls mittelstark, für Quittenunterlagen fast zu schwach. Bewertung 2-3.

Birnen: Mittelgross, bei Überbehang klein. Die Sorte alterniert bei mir, tendiert zu Jahren mit Überbehang, dann wieder sehr wenig Blüten. Reife ab Anfang/Mitte August aber folgernd, was einen langen Erntezeitraum bringt. Sie ist schmelzend, aber nie richtig süss, immer deutliche Säure vorhanden für eine Birne. Die Aromen sind verhalten, nichts besonderes. Reift nicht gut nach, lagert sich aber bei Zimmertemperatur eine Woche, ohne gärig zu werden oder sofort zu zermatschen, wird langsam teigig. Bewertung 2-3.

Belle Epine Du Mas

Belle Epine du Mas pflückreif, ansonsten selten so rotbackig

Baum: Meiner war eine weitere von vielen Fehllieferungen von einem teuren Fachbetrieb mit einem Pomologen als Chef, bestellt hatte ich eine ganz andere Sorte. Immerhin ist "Dumas Herbstdorn" zum Glück wenigstens gesund, starker Wuchs, schöne Kronen mit langen, horizontalen Seitenästen, von weitem raumgreifend fast wie ein Apfel. Vom Baum her eine gute Obstwiesensorte. Bewertung 1-2.

Birnen: Fruchtansatz alterniert. Überbehang unbedingt vermeiden, sonst verzögert sich die ohnehin zu späte Reife. Mittelgross, sehr gleichmässige Grösse und Form, hübsche Farben. Klimatisch aber eher nach Südfrankreich passend. Wird selbst am warmen Südhang erst Ende Oktober pflückfähig, ist selbst dann selten so weit gereift, dass sie auch gut nachreift. Sie bleibt im Lager fest, wird nicht recht süss, hat manchmal sogar Gerbstoffkomponenten. Behalten habe ich sie aber trotzdem, denn sie erwies sich auch in diesem Zustand als erstklassige Kochbirne, gekocht zerfällt sie nicht und entwickelt ein kräftiges Birnenaroma, für Desserts tauglich und auch zum einmachen. Leicht zuckern, wenig Gewürze nehmen. Bewertung als Kochbirne 1-2, Tafelbirne 5.

Uta

Baum: Neuere Züchtung. Auf Quitte zu schwach, nur auf besten Böden. Wächst krumm. Holz ist gesund. Hitzeempfindlich, wenn zu heiss dann schwärzt das Laub und wird nekrotisch, auch die Birnen bekommen Sonnenbrand. Schlecht in den heutigen Sommern. Blüte erfriert leicht. Für hohe, eher kontinentale Lagen und gute Böden, anonsten nicht recht anbaufähig. Bewertung 4-5.

Birnen: Voll berostet. Wurden gerne im Bioanbau angebaut. Feste Früchte, etwas trocken, Grösse untere Mitte, bei Düngung und guter intensiv guter Kulturführung auch gross werdend. Aroma mässig vom Typ Boscs Flaschenbirne und etwas feuersteinartiges wie Madame Verte, das sind auch ihre Elternsorten, unverkennbar. Essbar ab Mitte Oktober oder früher, im Lager ein paar Wochen haltbar, ausser man kühlt. Hat keinen Vorteil gegen klassische Sorten. Bewertung 4.

Typische Blattschäden nach Hitze bei Uta


Köstliche von Charneux

Köstliche von Charneux auf Obstwiese

Baum: War in Norddeutschland sehr verbreitet und beliebt, auch wegen des Wuchses, sie passt überall hin und hat gute Erträge, klimatisch sehr anpassungsfähig. Braucht eine Weile, bis sie in die Gänge kommt. Dann wächst sie mittelstark, hoch und schmal, braucht wenig Platz. Mit Schnittaufwand lässt sich auch eine brauchbare Krone schaffen, sie will halt immer nach oben weg. Keine Krankheitsprobleme und anpassungsfähig an den Boden. Bewertung 3.

Birnen: Relativ grosse Früchte, erst grün, dann schmutziges Gelb. Ende September hart pflücken, der beste Zeitpunkt ist nicht einfach zu finden. Die Birne wird saftig und mittelgradig süss, aber mehr deshalb weil sie wenig Säure hat, nicht wegen hohem Zuckergehalt. Aroma hat sie wenig. Haltbar wenige Wochen, nur eine Herbstbirne, nett aber wenig Charakter. Ähnlich "Conference". Bewertung 2-3.

Vereinsdechant

Vereinsdechant recht variabel

Baum: Beliebte Sorte und früher auch Marktfrucht. Häufigste Elternsorte für allerlei Neuzüchtungen. Schwacher Wuchs, vergreist früh, besser nicht auf Quitte obwohl kompatibel damit. Rinde auch nicht sehr gesund. Alte Bäume kriegt man auch mit kräftigem Schnitt kaum mehr zum treiben. Ziemlich wärmebedürftig. Er trägt sehr regelmässig, aber nur wenig, wegen fehlender Maximalerträge aus dem kommerziellen Anbau verschwunden. Gute Hausgartensorte. Bewertung 4.

Birnen: Unscheinbare Farbe, Grössen sehr variabel, von klein bis riesig, nur bei guter Kulturführung brauchbare Sortierungen. Starker Wicklerbefall, aber kaum Schorf. Pflückreif bis Anfang Oktober, nach ein paar Wochen Lagerung Beginn der Essreife, die ein, zwei Monate andauert. Dann ist sie eine absolute Spitzensorte, butterartiges Fruchtfleisch, schmelzend, saftig und würzig, nicht ganz so blumig wie Williams Christ, geht aber in diese Richtung mit mehr Süss-Säureeindruck und muskatig, intensiv. Dafür muss aber Lager und Pflückzeitpunkt gestimmt haben. Note 1-2.

Williams Christ

Williams, die Edelbirne

Baum: Alte Sorte, war lang die häufigste kommerziell angebaute Birne. Nicht mit Quitte als Unterlage kompatibel. Wuchs mittel bis schwach, nicht ausladend, Seitenäste hängen gerne bogig. Auf ständige Verjüngung achten, dann bekommt man stabile, gut tragende Bäume. Braucht Luft und Sonne, sonst Schorf und Steinzellen. Regelmässiger, sehr guter Träger. Bewertung 2-3.

Birnen: Mittelgross, auf guten Böden gross, manchmal sehr gross. Grün, die Rotmutanten ("Red Bartlett") sind ausgesprochen minderwertig. Spitzensorte bis heute. Schorfanfällig, überdurchschnittlicher Wicklerbefall. Die Birnen sind zum richtigen Zeitpunkt geerntet nach ein paar Tagen essreif und dann von ausserordentlicher Qualität. Vollsüss mit feiner Säure mit einem intensiven Birnenaroma, das als Referenz für Birnen gilt und kaum zu übertreffen ist. Erreicht gute Zuckerwerte. Schmelzend, butterfein, leider nur wenige Tage. Gekühlt aber sehr gut haltbar, die Konsistenz verändert sich dann aber, sie wird mit der Zeit fest. Auch für alle Verwertungsarten tauglich, vor allem einkochen, trocknen und Obstbrand. Bewertung 1-.

Gräfin von Paris 


Nicht immer so berostet

Baum: In unserer Gegend die häufigste Winterbirnensorte, auch als Strassenbaum vielfach vorhanden, in warmen Regionen geliebt und geschätzt, jedoch nichts für kühle Gegenden. Baum braucht unbedingt guten und tiefen Boden, sonst bleibt er klein und vergreist früh. Luftoffene Lage wichtig, sonst Schorf. Trägt viel, manchmal zu viel. Blüte recht frostfest, trägt noch wenn andere Birnen versagen. Bewertung 3.

Birnen: Grösse mit deutlicher Streuung. Grüne Birnen in einem charakteristischen Farbton und Schalenstruktur, wenn man das mal gesehen hat verwechselt man sie nicht mehr mit ähnlichen Sorten wie "Pastorenbirne". Ernte hart Mitte Oktober, aber Mitte Dezember wird sie geniessbar und schmeckt dann recht süss, schmelzend, zermatscht nicht, leichtes Aroma, eine überaus angenehme Birne für den Winter. Etwas grobe Schale, also besser schälen. Ende Januar fängt sie an von innen zu teigen, wird braun und verdirbt. Ihre Lagerfähigkeit bei gutem Geschmack machte sie beliebt. Bewertung 1-2.

Conference

Conference, gutes Jahr, aber schon zu reif

Baum: In Europa die am häufigsten kommerziell angebaute Sorte, vor allem wegen der sehr hohen Erträge und der guten Lagereigenschaften in Kühllagern. Der Baum ist schmal, bringt keine langen Seitenäste, Wachstum schwach, trägt viel aber vergreist schnell. Rindenbrandanfällig. Reagiert empfindlich auf Trockenheit, dann auch absterbende Äste. Nur auf gutem, tiefgründigen Boden mit regelmässig Wasser. Verträge Hitze nicht, mehr was für Seeklima. Leicht Schorf, zur Reife hin immer starke Verpickschäden von Vögeln. Kein Hit in warmem Klima. Bewertung 5.

Birnen: Einheitliche Idealgrösse. Früchte grün, leicht berostet. Erntet man sie wie in den Plantagen, dann bereits Ende September, noch hart. Sie wird dann in den folgenden Wochen süss und ähnlich langweilig wie gekaufte Ware, nach Reifeeintritt immer weicher matschend. Herbstbirne. Man kann sie aber auch etwas länger hängen lassen und knapp vor Farbaufhellung ernten. Dann wird sie würziger, lecker, vollsüss, ist aber nur noch ein paar Tage haltbar. Ganz reif am Baum gelassen wird sie wie fast alle Birnen trocken und matschend. Bewertung 3.

Josefine von Mechelen

Baum: Schwaches Wachstum, schleudernde Triebe, unschön, braucht scharfen Schnitt. Vor allem, wenn sie nicht wachsen will - dann kräftig zurückschneiden. Äste eher dünn, will Aufmerksamkeit, sonst hängen die Triebe und sie schleudert sich immer weiter ins Chaos. Wie alle diese Schwächlingssorten nur für guten Boden. Gesund ist sie aber. Klimatisch eine der am breitesten anbaubaren Lagerbirnen und damit sehr wertvoll. Bewertung 4.

Birnen: Erst grün, dann trübes Gelb, nichts rotes, matt. Leider ziemlich klein. Spät im Oktober geerntet gehört sie zu den Lagersorten mit der längsten Lagerzeit, wird im Januar geniessbar, bis Februar, manchmal März, ist das Lager kühl auch länger. Süss, saftig, leichte Säure, teigt nicht von innen, ihr Aroma hat einen eigenen Ton, den aber nicht jeder mag. Bewertung 2.

Madame Verte

Die graue Madame, vollberostet

Baum: Alte Wintersorte. Mittelstark wachsend, gut für Quittenunterlage BA29 geeignet. Gibt schöne Kronen, die Sorte strebt nicht nur nach oben, sondern macht auch Breite. Gesundes Holz und Blätter. Blüte eher spät. Wächst in den meisten mitteleuropäischen Klimabereichen gut und braucht auch nicht besten Boden. Bewertung 2.

Birnen: Trübe berostet, breitbauchig, keine Schönheit. Früchte aber immerhin bis mittelgross und recht einheitlich. Sollte spät geerntet werden, der genaue Zeitpunkt ist aber schwierig, so richtig getroffen habe ich den nie. Die Birnen schmecken genussreif süss mit etwas Säure und haben ein deutliches eigenes Aroma, das ich als feuersteinartig empfinde, diesen Stil haben auch einige andere Sorten (Uta etwa), aber Madame Verte wohl am klarsten. Mag nicht jeder. Im Lager ist sie schwierig, anders als behauptet hält sie leider nicht bis Januar. Sie wird früh von innen her braun, obwohl die Nachreife noch nicht so weit ist, das wurde mir auch von anderen "Madame Verte" Besitzern bestätigt, das könnte eine Folge des neuen Wetters sein oder sie benötigt zwingend niedrigere Lagertemperaturen. Bewertung 3-4.

Boscs Flaschenbirne

Boscs Flaschenbirne, manchmal auch viel grösser

Baum: Heisst auch "Kaiser Alexander". Eher schwach, hängend, wild, braucht Schnitt und Erziehung. Gesund, auf schwächeren Böden gerade so anbaufähig. Obstwiesengeeignet auf besserem Boden. Bis in Höhenlagen gut. Sichere Erträge, Blüte frostbeständig. Bewertung 3-.

Birnen: Die meisten gross. Komplett braun berostet. Dadurch bester Pflückzeitpunkt kaum zu bestimmen, man muss immer wieder eine ernten, was nicht schwer fällt weil sie schon unreif sowieso von Vögeln verpickt wird. Typischerweise ist es Anfang Oktober so weit. Reif ist sie vorwiegend süss, melonig, grob und fest, wenig sonstige Aromen, etwas langweilig und auch nicht lang haltbar. Geeignet, um Stücke zu trocknen. Bewertung 3-4.


Margarete Marillat

Baum: Wächst auf arteigener Unterlage mittel bis schwach, benötigt guten Boden, erzeugt aber schöne Kronen ohne viel Pflege. Auch Höhenlagen gehen noch. Leider gleichzeitig ertragsunsicher und benötigt extrem lange, bis die Erträge überhaupt anfangen. Ein naher Befruchter scheint auch wichtig zu sein. Vielleicht auf starken Quittenunterlagen besser. Bewertung 4.

Birnen: Sehr gleichmässig wie kaum eine andere Sorte und ausgesprochen hübsch, es sind prächtige, wohlgeformte Schaubirnen. Eine Vorgartensorte, um mit schöner Optik zu erfreuen. Als Herbstbirne jedoch kaum haltbar, innere Qualität nur mässig. Knappreif melonenartig, sonst wenig Würze, süss und leer, auch nicht schmelzend, früh trocken. Rechtzeitige Ernte ist wichtig, sonst ist sie schon am Baum teigig und trocken. Verwertung eingeschränkt, auch als Einmachbirne nicht besser. Bewertung 4.

Sommermuskatellerbirne

Sommermuskateller - nicht
von mir, stimmt aber
Baum: Wie das Stuttgarter Geisshirtle eine der früher sehr verbreiteten Sommerbirnensorten, die man grösstenteils der Hutzeln wegen angebaut hat, aber auch frisch schätzte. Wächst bei mit nur schwach und nicht schön, will einfach nicht. Wie alle Sommerbirnen bis in Hochlagen geeignet, gesund. Bewertung 3.

Birnen: Mittelgross, schöne Farben, reif ab Mitte August, nicht haltbar. Leckere, gut gewürzte Birne, saftig, etwas Muskataroma, macht süchtig wie das Geisshirtle. Nicht haltbar, muss bald gegessen oder verwertet werden. Bewertung 2.

Sieben im Maul

Baum: Von allen Sommerbirnen eine der frühesten und kleinsten, früher wesentlich beliebter, heute fast vergessen. Der Baum wächst kaum, starb früh, deshalb etwas wenig fundierte Aussagen, keine Bewertung.

Birnen: Erscheinen alternierend. Sehr klein, süss, nicht schmelzend, nicht haltbar, nur kurz essbar zwischen fest und teigig. Leichter Gerbstoffgehalt. Kuriosität. Bewertung 3-4.  

"Sieben im Maul", fast reif im Hausgarten

Clara Frijs

Clara Frijs: Sieht sehr gewöhnlich ist, aber aber lecker.

Baum: In Dänemark verbreitet und im Erwerbsanbau, in Deutschland kaum bekannt, stammt aber vielleicht aus der Slowakei oder Südosteuropa. Tatsächlich wächst der Baum auch sehr gut im Nicht-Seeklima, mittelstark, verzweigt gut, die angebliche Schorfempfindlichkeit zeigt er bei mir überhaupt nicht. Bewertung 2.

Birnen: Grün, rundlich, knapp mittelgross, sieht auch bei Reife immer etwas unreif aus. Reife schwer zu bestimmen, am besten anbeissen. Oft schon Anfang September reif. Ist dann wie alle Herbstbirnen nicht wirklich lange haltbar. Die Birne ist enorm saftig, tropft aber nicht. Sie gehört zu den Birnen, die eigentlich kaum Aroma haben, aber trotzdem ungeheuer lecker sind und die man gerne in unvernünftigen Mengen isst. Vorwiegend süss, gerade so viel Säure dass die Süsse nicht penetrant wird, ein leckeres und erfrischendes Teilchen. Bewertung 2.

Gute Luise

Baum: Bei mir ziemlich schwach wachsend, will nicht so recht. Braucht wahrscheinlich deutlich besseren Boden mit gleichmässiger Wasserversorgung und weniger Kalk. Setzt Äste steil an, auch so eine Pappel. Deshalb und wegen ihrer universellen Verwendung war sie früher eine typische Hausgartensorte, sie braucht nicht viel Platz, ähnlich Köstliche von Charneux. Etwas schorfanfällig, aber noch im Rahmen des tragbaren. Bewertung 3-

Birnen: Schön, regelmässig, mittelgross, es gibt Klone, die mehr rote Farbe haben, meine zum Glück nicht. Zu pflücken irgendwann im September. Wird dann schmelzend, saftig, aber nur kurz. Das Aroma ist nicht stark, aber typisch für den melonenartigen Birnentyp. Ihr Süsse hat durchaus auch noch Säure, man kann sie als ausgewogen bezeichnen. Für alle Verwertungsformen. Bewertung 2-3.

Olivier de Serres 

Baum: Sehr schwachwachsend, komplett unbrauchbar auf schlechten Böden und auf schwachen Unterlagen. Wächst wirr, vergreist schnell. Oft Ertragsausfall. Benötigt warmes Klima. Bewertung 5-.

Birnen: Bergamotteform, also mehr rundlich-beulig, ein gilbiges Grün mit oft roter Backe. Ums Kernhaus griessig, bei schlechtem Wetter insgesamt grob. Mehr auf der Säure- statt Zuckerseite. Schmelzend. Ihren Wert zieht sie aus ihrer langen Haltbarkeit, aber anders als in der Literatur nicht bis April, sondern eher Februar. Bewertung 3.

Mostbirnen

Welsche Bratbirne 

Baum: Most- und vor allem Schnapsbirne. Mittelstarkes Wachstum, die Wuchskraft geht schon früh zurück. Besser nur auf guten Böden. Klimatisch aber auch in kühlen Lagen anbaufähig. Ergibt gerade Bäume ohne grosse Pflege. Im Alter mit Rindenschäden, möglicherweise ist auch Rindenbrand die Ursache. Vergreist früh. Unsicherer Träger, oft Ertragsausfälle. Wenn sie mal mehr trägt, hat sie im Folgejahr nichts.

Birnen: Typische Mostbirnengrösse, grün, reif Anfang Oktober. Erreicht erstaunliche Zuckergehalte, in heissen Jahren über 90° OE, ansonsten immer noch recht gute Werte. Mittlerer Gerbstoffgehalt, leichte Würze, aber nicht essbar, für reinsortigen Most zu gerbstoffhaltig. Muss gemischt oder reduziert werden. Früher vor allem für Obstbrände verwendet. Könnte nach Gerbstoffreduktion ("schwitzen lassen") gute Sektsorte sein, wie alle Bratbirnen.

Schweizer Wasserbirne

Baum: Kann grosse Bäume ergeben, wächst anfangs stark. Früher lange gesund und alt werdend, heute leider eine typische Sorte, die unter Birnenverfall leidet. Auf keinen Fall mehr auf "Kirchensaller"veredeln, die das stark begünstigt. Ansonsten sind die Bäume gesund und schaffen erstaunlich hohe Erträge, in den letzten Jahren aber aufgrund des neuen Wetters immer mehr Ausfälle nach frühem Austrieb und nachfolgend Frostereignissen. Früher eine der häufigsten Sorten für Most.

Birnen: Typische Mostbirnengrösse, grüngelb, reif im Oktober, man kann sie schütteln wenn die Reife beginnt, dann sofort sammeln und verarbeiten. Essbar, nur wenig Gerbstoff, kaum Aroma, sehr süss weil wenig Säure, erreicht trotzdem nur selten 60°OE, meist nur knapp über 50. Ergibt vollsüssen, erstklassigen Saft, mit guter Ausbeute, gemischt mit Zitrone eine echte Leckerei. Dieser Saft ist auch kommerziell interessant und wer ihn probiert hat, schwärmt davon, wenn er auf Süsses steht. Vergoren wird er etwas hohl und nicht lange haltbar, aber ideal zum zumischen bei säurereichem Obst. Für Obstwasser zu wenig absolute Zuckerwerte, aber dörren geht.

Bayerische Weinbirne 

Baum: Häufig, da an Wegrändern gerne im Gemeindeauftrag gepflanzt. Dort ohne Schnitt ganz anständige Bäume, aber licht und auch nie recht gesund, Totholz, Rindenschäden, dürre Spitzen bei Stress. Trägt regelmässig, aber nicht viel.

Birnen: Relativ gross für eine Mostbirne. Reif im Oktober, wird als Fallobst aufgesammelt. Leicht zu viel Gerbstoff für Genuss. Mit etwas Gerbstoffreduktion gut für Saft, schmeckt aber leicht und dünn, nicht ganz das Niveau der Schweizer Wasserbirne.

Sonstige

Wie bei den Äpfeln gibts noch mehrere weitere Sorten, die aber noch nicht oft genug getragen haben, für die zu wenig Informationen vorhanden sind. Das sind unter anderem die Feigenbirne von Alencon, Petersbirne, die Champagner Bratbirne und noch mehr Mostbirnen, Jeanne d Arc Birne, Aromaspur, Kirgizskaja Zimnaja, die späte gute Luise. Die Edelcrassane erst neu gepflanzt.