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Freitag, 8. Dezember 2017

Das gute alte Sauerkraut

Kohlkopf auf dem Hobel
"Das Leben ist wie Sauerkraut. Wohl dem, der es gut verdaut" heisst es. Und es gibt wohl nichts, was über Sauerkraut noch nicht geschrieben worden ist. Sauerkraut verfolgt jeden Selbstversorger geradezu. Das ständige Lob des Sauerkrauts macht es zuweilen auch verbal schwer verdaulich. Sich über Sauerkraut lustig zu machen, ist genauso einfach und leider ganz genauso abgewetzt. Ich will dem keine überflüssigen weitere Salbadereien hinzufügen, sondern ein bisschen aus der Praxis plaudern, von Erlebnissen erzählen die einem unvermittelt trotz all der schlauen Sauerkrautexperten begegnen.

Wir machen -natürlich- seit ein paar Jahren Sauerkraut jedes Jahr selbst. Der Grund ist banal, es schmeckt uns gut. Unsere Lieblingsgerichte sind Krautspatzen, Krautkrapfen oder Schupfnudeln mit Kraut. Ausnahmslos alle Zutaten für solche Gerichte gibt es immer schon vor der Haustür (sogar das Salz), es sind keine Importe quer durch den Kontinent nötig. Gekauft ist es immer nur "mild" statt kräftig, ausserdem wird es pasteurisiert, also erhitzt. Selbst gemacht hat man es roh und es ist aromatischer, kräftiger. Eine Blindverkostung zeigt diesen Unterschied schonunglos auf.

Eigenanbau versagt

Der Grund für unsere Sauerkrautaktion ist nicht, weil wir unser eigenes Weisskraut haltbar verarbeiten wollen. Wir haben nämlich wieder mal keins. Denn über die erste und grösste Schwierigkeit folgt noch ein eigener Beitrag: Das robuste und früher leicht anzubauende Feldgemüse Weisskraut oder Spitzkraut selber anzubauen. Leider, leider: "Leicht" war früher und "robust" war auch früher. Heute sind Süsskartoffeln und Broccoli leicht, leider nicht mehr der Kopfkohl. Den haben wird zwar engagiert gepflanzt und gepflegt, aber zum wiederholten Male kaum Verwertbares geerntet. Die Gartenzone ohne Kraut.

Im Bioladen

Übriger Strunk und Strunkschneider, Krautbohrer
Also erst einmal weitere Beschaffung angehen. Wir brauchen viel. An die 20kg, da wir zwei Krautstanden haben, 15 Liter und 10 Liter Fassungsvermögen, sie benötigen 12kg und 7-8kg Krautfüllung. Was da hineingeht, essen wir locker weg. Es ist immer zu wenig. Erster Versuch: Im örtlichen Bioladen nach Spitzkraut nachfragen. Man wollte einige Köpfe bestellen. Und es wurde geliefert. Viele Köpfe. Leider in Form von kleinen Miniköpfen. Kohl wird heute offenbar nicht mehr für Sauerkrautherstellung verwendet, sondern von Singles zur sofortigen Zubereitung erworben. In einer Menge, die wohl nur für eine Portion Krautsalat im Dönerbrötchen reicht.

Bei Edeka

So sieht es auch beim örtlichen Edeka aus, der früher ein- oder zweimal im Jahr eine Aktion mit Gemüse in grösseren Mengen veranstaltete, darunter 10kg (konventionell angebautes) Kraut im Raschelsack. Viele Säcke wurde nicht verkauft, die Selbermachzeiten sind lange vorbei, dieses Jahr wurde die Aktion offenbar ganz eingestellt bzw. nur noch Kartoffeln und Zwiebeln im grösseren Gebinde angeboten.

Beim Bauern

Frisch gehobeltes Weisskraut
Nächster Versuch. Ein Demeter-Bauernhof mit einem Verkaufsstand in Selbstbedienung. Gelegen im schönen Möckmühl-Hagenbach. Das ist eine Siedlung aus ein paar Bauernhöfen und ist wohl der letzte Ortsteil der Gemeinde, der (bisher!) von den sich überall durchfressenden dröge-hässlichen Einfamilienhausneubauten verschont wurde, die sogar kleine Dörfer zu vorstadtartigen, charakterlosen Wohngebieten gleichschalten. Der Verkaufsstand ist eine nette, saubere Hütte am Strassenrand (gegenüber Hagenbach 8), in der Familie Haussecker selbstproduziertes Gemüse, Obst, Kartoffeln, Eier und dergleichen vertreibt. Also dort gefragt, da ich sowieso in diese Richtung musste. Ja, es gibt Spitzkraut, aber ob es 8kg werden ist noch nicht sicher, steht auch noch auf dem Beet, es gibt bereits andere Käufer. Gut, reservieren wir es. Die freundliche Frau Haussecker schreibt sich die Telefonnummer auf und wird anrufen, wenn es soweit ist.

Bei Feinkost Albrecht

Erste Lage gestampft, links das Salz
12kg für die grosse Krautstande brauche ich trotzdem noch. Bald. Und bald passiert auch etwas: Samstag Abend bei "Feinkost Albrecht" werde ich von mehreren Kisten losem Weisskraut im Gemüseregal überrascht. Es ist zwar nur Rundkraut und natürlich nur konventionell angebaute Ware mit ihren unvermeidlichen Pflanzenschutzmittelzutaten, gekauft hat sie offenbar keiner. Aldi wirft sie hinaus, obwohl sie knackfrisch wirken. Frisch ist die Ware ja meist, die Logistik des Discounters ist erstklassig. Der Rauswurfpreis: 19 Cent ein Kopf Kohl, mit rund 2kg Gewicht. Das ist fast geschenkt und ich wage nicht, mir vorzustellen was bei so einem Gemüse wie Weisskraut dieses Jahr noch für den Erzeuger übrigbleibt. In den meisten Jahren sind das 10 Cent für Marktware und nur 5 Cent für Verarbeitungsware. Biokohl übrigens 25 Cent. Also rette ich es vom Container und so kostet uns der Inhalt des 15 - Liters Krautfasses dieses Jahr 1,14 EUR. Weniger wie die Jungpflanzen zum Eigenanbau kosten.

Der Rest der Herstellungsgeschichte verlief wie üblich und kann den oben erwähnten Sauerkrautbüchern entnommen werden. Gehobelt, gesalzen, gestampft, 2 Tage warm gestellt, dann kühl gestellt, gärte es fröhlich vor sich hin und wird nach ein paar Wochen Säuerung erstaunlich schnell aufgegessen.

Sauerkraut gärend unter der Lake und den Beschwerungssteinen (links) und fast fertig (rechts)


Nochmal Hagenbach, der Schluss

Demeter-Häusle in Hagenbach
Es wird spät für das zweite Krautfass, aber aus Hagenbach kommt doch noch der erhoffte Anruf. Das Spitzkraut wurde nicht vergessen. Erfreulich, wir bekommen tatsächlich noch die gewünschten 8kg nach zwei Monaten. Gerade richtig, denn die erste Krautstande ist da bereits fast leergegessen und ich kann jetzt sofort das zweite 10 - Liter - Gärgefäss ansetzen. Rund 7kg passen da hinein, ein Kilo sind Strünke und Aussenblätter - passt also. Hier kostet das Kilo 2 EUR und hat sehr gute Qualität, stammt aus Bioanbau. Vor dem ich grossen Respekt habe, denn wie schwer es mittlerweile ist, verwertbare Kohlköpfe ohne drastische Pflanzenschutzmassnahmen anzubauen, erlebe ich seit Jahren selbst.
Möckmühl-Hagenbach
Downtown Möckmühl-Hagenbach