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Mittwoch, 20. September 2017

Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata, Teil 2: Früchte und Verarbeitung

Gepflückte Früchte der Schirm-Ölweide
In Teil 1 über Ölweiden ging es mehr um die Pflanzen, nun geht es mehr um die Erträge und was man damit machen kann.
Sträucher, die 2m erreicht haben (was schon nach 2-3 Jahren passiert) und einen Befruchter haben tragen gewöhnlich sehr reichlich. Probiert man die eben erst rot gewordenen kleinen Beeren der Schirm-Ölweide Anfang September, schmecken sie herbsauer und im Aroma leicht mit dem verwandten Sanddorn verbunden. Sie wirken "wildobstig" und kaum brauchbar, zumal die kleinen Dinger nach viel Arbeit beim pflücken aussehen.
Etwas leichter pflückt sich die Vielblütige Ölweide Dank grösserer Früchte und längerer Fruchtstiele, da sich Geschmack und Verarbeitung aber sonst nicht unterscheiden lohnt es sich nicht, auf die beiden Arten getrennt einzugehen.

Pflücken


Zerquetschte und dann ausgepresste Früchte
Aber schon zwei Wochen später kommt Süsse hinzu und die Gerbstoffe bauen sich etwas ab, ohne allerdings je ganz zu verschwinden. Die Beeren lassen sich auch leichter lösen, man kann sie flott von den Zweigen abstreifen und erreicht so deutlich über 2kg Pflückleistung pro Stunde. 2kg Ertrag brachte eine meiner Schirm-Ölweiden nach drei Jahren. Nicht schlecht für den Anfang.
Lässt man sie weiter hängen, werden sie noch leicht grösser, aber ändern sich geschmacklich nicht mehr sehr, wenig Säure/Gerbstoffabbau. Ab Anfang Oktober fallen sie so langsam ab. Das Erntefenster kann also ganz schön lang sein.

Verarbeiten, Pressen


Kalt gepresster Saft
Die Beeren sind weich mit grossem Kern. Sie lassen sich leicht zerquetschen und anschliessend mit dem Handpressbeutel aus Nylon abpressen. Alles ganz low-tech. Das Ergebnis überrascht: Es gibt viel Saft, die Ausbeute liegt bei 50%. Der Saft hat 60-80° ÖE (15-20% Brix), ist sehr hell, transparent bis milchig. Bei später geernteten Früchte erhöhte sich der Zuckergehalt nicht mehr. Von der schönen roten Farbe der Beeren ist kaum etwas zu sehen, nur Flocken und ein leichter Rosaton, die Farbe sitzt offenbar nur in den Schalen und löst sich kaum im Saft. Er schmeckt in Süsse, Säure und Aroma nach rotem Johannisbeersaft mit einem weiteren besonderern Nebenton, der kaum zu beschreiben ist. Nicht unangenehm, nur ungewohnt. Pur gut trinkbar. Die gepresste Maische ist knetbar wie Knetmasse, klebt kaum, enthält die vielen grünlichen Kerne, die in der Konsistenz Fenchelsamen ähneln. Richtig hart sind sie nicht, mit dem Fingernagel zerteilbar.
Einen weiteren Teil habe ich mit einem Beerenpressenaufsatz verarbeitet. Das ging auch gut, das Fruchtmus enthielt viel mehr Zellen und war durchgängig rot. Saft war es nicht mehr, eher ein Pürree. Für Kleinmengen lohnt sich das nicht, dann ist der Aufwand fürs Reinigen des Geräts höher.

Verwenden


Gelee aus den Früchten der Vielblütigen Ölweide
Aus dem Saft habe ich Gelee zubereitet, das aufs Brot und ins Joghurt kommt. Es gelierte problemlos. Es sieht etwas wild aus, wie ein Geist im Glas oder verdünntes Blut, das einen Wirbel bildet. Die rote Farbe ballt sich von selbst in der Mitte zusammen. Der Geschmack kommt nun weniger johannisbeerartig, dafür nach Fruchtbonbon, auch der Nebenton bleibt vorhanden. Interessanterweise verstärkt der sich mit Lagerung und bekommt dann Aromen wie in Sanddorn, der mit dem Ölweiden tatsächlich verwandt sind. Ich finde die Aromatik insgesamt sehr lecker, aber man kann auch anderer Meinung sein. Geschmack ist eben Geschmackssache... Auf jeden Fall eine eigenständige Aromatik.

Der Saft hätte auch heisssteril abgefüllt werden können, um ihn haltbar zu machen und zu trinken. Unsere Hühner lieben die Beeren ebenfalls und picken eifrig auf, was herunterfällt, ein Huhn flattert sogar nach oben, um die Beeren zu erwischen. Das pürreeartige Fruchtmus haben wir eingefroren und später zu Eis und in Fruchtquark verarbeitet. Das Eis ging Richtung rote Johannisbeeren, der Fruchtquark sehr deutlich nach Sanddorn. Mit der nächsten Ernte probieren wir gekochtes aus und Kuchenbeläge. Wer hat noch Ideen?

Teil 1: Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata im Garten
Teil 3: Vielblütige Ölweide

Dienstag, 19. September 2017

Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata, Teil 1: Im Garten

Schirm-Ölweide mit Blüten
Vor ein paar Tagen (also Mitte September) habe ich die roten Beeren unserer Schirm-Ölweiden abgeerntet. Das sind buschige Gehölze, die ohne Schnitt bei mir bis zu 3m hoch werden. Sie wachsen am Grundstücksrand, schaffen nebenbei etwas Sichtschutz. Das Aussehen ihrer Blätter erinnert an Ölbäume, Olivenbäume. Die Kinder pflückten nach einiger Motivation (die übliche Erziehungserpressung) auch Beeren mit.

Das sind tolle Pflanzen, trotzdem selten zu sehen. Mit massenhaft Vorteilen, die sich auch bei uns im Garten voll bestätigt haben:

  • Sie wachsen nicht nur auf Guten, sondern auch sehr gut auf armen und trockenen Böden, in Hitze und Kälte. Klimawandel? Ölweiden wachsen trotzdem. Als eine der wenigen Nicht-Leguminosen holen sie sich benötigten Stickstoff mittels Knöllchenbakterien selber aus der Luft. Man kann somit noch auf schlechtem Boden Früchte ernten und gutes Wachstum erleben.
  • Austrieb Ende März mit
    geschlossenen Blütenknospen
    Ein warmer Winter mit frühem Austrieb und dann harter Spätfrost, wie es die letzten Jahre leider so oft vorkam schadet ihnen nicht. Ölweiden blühen früh und tragen trotzdem, auch wenn die meisten anderen Obstarten schlappmachen und die Fruchtansätze oder sogar die Triebe erfrieren. Nicht die Ölweide, Ernteausfall wegen Frost habe ich bei ihr noch nie erlebt.
  • Bienen und Hummeln fliegen drauf, ganz im Gegensatz zu solchen frühblühenden Insektenwüsten wie Forsythien. Sie bieten nicht nur Pollen, sondern auch Nektar. Sie duften leicht. Richtig intensiv war der Duft zu erleben, als ich eine blühende Pflanze vor dem einpflanzen im kleinen geschlossenen Raum des Autos transportierte.
  • Als stachellose Verwandte des Sanddorns tragen sie massenhaft essbare kleine rote Beeren, die für viele Verwertungsarten brauchbar sind. Wenn man sie nicht ernten mag, ernten Vögel.
  • Da die Art streusalzfest und hangstabilisierend ist, wurden sind gelegentlich schon vor Jahrzehnten als Strassenbegleitgrün erst im Osten Deutschlands gepflanzt, später auch in Norddeutschland. Sie ist gut geeignet, um sie an Gehwegen und Strassen entlang zu ziehen, auf die im Winter Salz abgeladen wird.
  • Ausserdem sind sie gut schnittverträglich und auch als Heckenpflanze tauglich. Als ein Nachbar eine meiner Pflanzen aus Versehen bodennah mit dem Freischneider abgesägt hat, schlug sie aus der Wurzel wieder aus und schaffte in einem Jahr wieder über einen Meter Höhe. Schirm-Ölweiden wachsen am stärksten und halten am Meisten aus, Vielblütige Ölweiden (siehe unten) bleiben etwas kleiner und wirken lichter.
Schirm-Ölweidenstrauch in Vollblüte, Frühling.

Herkunft

Blätter: Ledrig und fein punktiert
Ölweiden bilden mit eurasischem Sanddorn und nordamerikanischen Büffelbeeren eine Familie. Sie kommen überwiegend aus Asien, in Deutschland werden die Arten Elaeagnus multiflora (vielblütige Ölweide), Elaeagnus umbellata (Schirm-Ölweide), Elaeagnus pungens (Dornige Ölweide), Elaeagnus angustifolia (Schmalblättrige Ölweide) gepflanzt. Zuverlässig gute Früchte bilden hierzulande nur die Vielblütige und die Schirm-Ölweide, die anderen Arten haben zwar grössere und ebenfalls wohlschmeckende Früchte, schaffen die Fruchtbildung in unserem Klima jedoch nicht. Die Fruchtansätze werden fast immer von Winterfrost zerstört, aber der Strauch wächst schön. Die Ölweiden sind je nach Sämling mal teilweise, mal gar nicht selbstfruchtbar. Es werden also in der Regel für guten Fruchtansatz zwei verschiedene Pflanzen benötigt, die nicht aus dem Steckling derselben Mutterpflanze entstanden sind. Auch die Befruchtung zwischen Schirm- und Vielblütiger Ölweide funktioniert manchmal. Die vielblütige Ölweide ist an ihren längeren Fruchtstielen und grösseren Früchten mit meistens früherer Reife von der Schirm-Ölweide zu unterscheiden. Die Früchte schmecken aber ähnlich.

Blüten, Früchte


Schirm-Ölweide Früchte am Strauch
Züchterisch sind sie kaum bearbeitet, man nimmt sie in Europa nur als Zierpflanze wahr. Mir geht es aber wie immer um die Früchte, um interessantes Wildobst. Aus den USA gibts einige Auslesen, in Asien gibt es tatsächlich einige Fruchtsorten der vielblütigen Ölweide mit grösseren, wohlschmeckenderen Früchten, die in Deutschland unbekannt geblieben sind. Einzig die Zufallsauslesen "Sweet Scarlet" und "Red Cherry" der vielblütigen Ölweide sind selten erhältlich, die angeblich grössere und bessere Früchte haben. Ich habe von der vielblütigen Ölweide neben Sämlingen und Sweet Scarlet auch die Sorte Dr. Szczepan, die sich aber erst bewähren muss. Für die Schirm-Ölweide existieren Auslesen wie "Red Cascade", "Jewel", "Brilliant Rose", "Big Red".
Aber Vorsicht. Die schon länger verbreitete "Sweet Scarlet" wurde mir bereits öfters verkauft, entpuppte sich aber mehrfach als Schirm-Ölweide statt als vielblütige Ölweide, nicht einmal die Art, geschweige denn die Sorte stimmte. Schirm-Ölweiden erreichen bei mir Fruchtgrössen von nur rund 7 mm, bei sehr jungen Sträuchern noch darunter - es sind ziemlich kleine rote Beeren. Ältere Pflanzen bekommen etwas grössere Früchte. Reif werden sie Mitte September, hängen bis in den Oktober. Die vielblütige Ölweide kommt auf weniger Früchte, dafür bis zu 1,5cm Durchmesser. Ausserdem reifen die Früchte viel früher. Was nicht unbedingt ein Vorteil ist, zu dieser Zeit sind sowieso mehr als genug andere Strauchobstarten reif.

Jüngst hat Lubera, eine Produktionsgärtnerei schweizer Herkunft die sich mit ihrer Hauptmarke an Privatkunden richtet einige Schirm-Ölweiden ins Programm aufgenommen, verwendet auch erfundene und geschützte Markennamen ("Amoroso", "Fortunella", "Sweet'n'sour"). Darunter sind auch gelbfrüchtige Varianten, eine Mutation die auch im Ursprungsgebiet vorkommt. Bis auf ein gehobenes Preisniveau und gutes Marketing in blumiger Sprache scheinen die Lubera-Auslesen aber keine einzigartigen Eigenschaften zu haben.

Schirm-Ölweide, Blütenbüschel
Die Blüte im April zieht sich manchmal bis in den Mai, ist zwar nicht sehr bunt, aber dafür überreichlich, dauert bis zu zwei Wochen, beginnt weiss und endet gelblich. Man sagt der Blüte einen Duft nach Vanille nach, ich finde sie duften einfach frisch blumig, angenehm. Vor allem Nachmittags wird sie intensiv von Hummeln und Bienen (wenn es warm genug ist) beflogen, da bildet sie auch Nektar, ansonsten nur Pollen. Wenn sie schliesslich verwelkt und abfällt, sieht es aus wie wenn auch der Fruchtansatz weg wäre. Ist er aber nicht. Die Ansätze bleiben, es sind sehr kleine, unscheinbare grünbraune Stiftchen und verändern sich bis in den Spätsommer fast nicht. Dann plötzlich werden sie grösser und färben innerhalb weniger Wochen um, bleiben aber noch lange hängen. Man kann sich Zeit lassen mit der Ernte, sofern keine Vögel vorher ernten.

Pflanzen kaufen oder besorgen - Vorsicht


Unscheinbare kleine, unreife Früchte der Schirm-Ölweide
Werden Ölweiden angeboten, sind es fast immer nur Sämlinge oder Stecklinge von Sämlingen und meistens werden auch die verschiedenen Ölweidenarten bunt durcheinandergewirbelt. Hauptsache, die Pflanze wird verkauft.  Kaum ein Bild bei den Pflanzenverkäufern zeigt auch die angeblich angebotene Ölweidenart. Ich bin auch schon oft hereingefallen. So ist die vermeintliche Vielblütige Ölweide oft in Wirklichkeit eine Schirm-Ölweide, die leicht vermehrbar ist und deshalb die "Standard-Ölweide" im Verkauf geworden ist. Schon von drei Verkäufern wurde mir eine Schirm-Ölweide geliefert, obwohl ich eine vielblütige Ölweide gekauft
Der Habitus eines Strauchs der e. umbellata
habe. Besonders oft stimmen die Fruchtbilder nicht. "Experten" in Baumschulen verkaufen die Schirm-Ölweide und nehmen dafür gerne Bilder von ovalen, grösseren Früchten an langen Stielen und täuschen attraktivere weil grössere Früchte vor. In Wirklichkeit zeigen diese Bilder vergösserte Bilder der Vielblütigen Ölweide oder sogar der schmalblättrigen Ölweide, die in Mitteleuropa leider überhaupt keine Früchte bildet, Kultursorten in Asien jedoch 2cm grosse Früchte haben können, grösser wie alle anderen Ölweiden. Sieht toll aus, gibts aber hier nicht.

Also Vorsicht vor blumigen, reich bebilderten Versprechungen von Verkäufern. In 95% aller Fälle bekommt man irgendeine möglichst billig produzierte Stecklingspflanze, egal was dazu gesagt und gezeigt wird.

In Teil 2 geht es um Erntetechnik, Aromen und Qualität sowie Verarbeitungstechniken.

Teil 3 konzentriert sich auf die Vielblütige Ölweide. Im Detail kann man sie von der Schirm-Ölweide unterscheiden, sie hat ein paar eigenständige, interessante Eigenschaften.