Sonntag, 9. Dezember 2018

Die Hühner mausern sich

Im Herbst wird es immer ungemütlich für die Hühner. Sie mausern sich. Das bedeutet, sie verlieren Stück für Stück ausnahmslos alle ihre Federn, ein neues Federkleid wächst nach. Das ist zeitweise ein trauriger Anblick. Erst sieht das aus, als wäre das Huhn gerupft und hätte Stacheln entwickelt. Das sind die Kiele und Schutzhüllen der neuen Federn. Die neuen Federn schieben sich dann langsam aus den Kielen, die Schutzhülle geht ab und die Federn entfalten sich. Abgefallene Schutzhüllenreste sehen aus, wie wenn das Huhn Schuppen hätte.

Schlecht gelauntes Huhn in der Mauser, Kälte und Wind mag es nicht

Die Mauser ist auch ein Scharfrichter. Der Organismus der Hühner ist besonders belastet, die Todesrate liegt in dieser Zeit besonders hoch. Überleben sie, wirken sie danach wie verjüngt. Stirbt ein Huhn, geht es einen Tag vorher in eine Trauerphase. Es wird still, rennt nicht mehr herum. Abends will es wie Anderen in den Stall, am nächsten Morgen liegt es tot am Schlafplatz.

Auch die Flügelfedern werden lückig

Die Belastung für das Huhn ist während der Mauser hoch, auch deshalb legen sie dieser Zeit wenige oder keine Eier. Die Tageslänge spielt ebenfalls eine Rolle. Wenn Eier gelegt werden, sind sie oft dünnschaliger und mit mehr Schalenfehlern als sonst im Jahr. Im Laufe des Oktobers bis Mitte November vertröpfelt sich der Eierlegeeifer, danach gibts es nur noch vereinzelt Eier bis Januar. Ausser, man hält sie wie in kommerziellen Betrieben mit künstlichem Licht und ausgefeilten Futtermischungen. Würde man das nicht tun, hätte man auch keine frischen Eier für die Weihnachtsbäckerei. In früheren Zeiten hat man für den Winterverbrauch versucht, Eier länger zu lagern, hat sie in Wasserglas eingelegt, einer Alkalisilikatlösung.

Neue Federn und ihre Schutzhüllen am Kopf des Hühnchens

Auch die Flaumfedern der Hühner fallen aus. Beobachtet man die Hühner, hat man den Eindruck, sie würden frieren. Sie ziehen gerne den Hals ein, bleiben ruhig stehen und gucken unterkühlt aus der Restwäsche. Im Hühnerstall und Gehege fliegen die ausgefallenen Federn herum. Die sollte man zum Hühnermist geben, Federn bestehen wie wie Horn, Haare, Fingernägel, Hufe, aus Keratin und sind so wie Hornmehl ein organischer Dünger mit einem Stickstoffgehalt von rund 12%.

Bei der Mauser abgeworfen: Rechts Schwungfedern, links Körperfedern mit Daunenanteil
Herbst und Mauser: Man sieht etwas gerupft aus

Samstag, 1. Dezember 2018

Yakon, Polymnia sonchifolia, wieder was Neues

Yakon, Wurzel, halbiert
Immer mehr Wurzeln aus Südamerika rollen in Deutschland an. Süsskartoffeln sind fast schon eingebürgert, Yakon oder Yacón erlebt sprunghafte Verbreitung, Maca und Oka kommen, einen etwas bescheideneren späten Erfolg feiert Topinambur, Gärtner probieren auch schon Arakacha aus. Teilweise werden sie  wegen ihrer angeblichen Gesundheitswirkung angepriesen, teilweise ist es einfach die Lust auf Novitäten, die zu neuen Zielen drängt. Topinambur habe ich schon lange, Süsskartoffeln seit einiger Zeit, Maca ausprobiert und nun auch Yacón.

Im Internet ist schon sehr viel deutschsprachiges über Yakon in Deutschland zu lesen, hervorgehoben werden oft gesundheitliche Wirkungen und guter Geschmack, beispielsweise unter  https://www.garten-treffpunkt.de/lexikon/yacon.aspx. Davon will ich nichts wiederholen, sondern von eigenen Erfahrungen berichten. Vor allem der Punkt "Geschmack" wird gerne oft in blumigen Worten und positiv dargestellt. Ist das so?

Yakon Jungpflanze
Dieses Jahr zog sie in unserem Garten ein. Die ausgepflanzten Jungpflanzen entwickelten sich nur langsam, das Wachstum verlief zäh und langsam. Der Sommer war heiss und trocken, trotz viel Wassergaben kam sie nicht vom Fleck, sondern liess jeden Nachmittag die Blätter hängen. Offensichtlich tut ihr trockene Hitze nicht gut. Gegen den Herbst hin wurde endlich das Höhenwachstum stärker, aber schon beim ersten leichten Nachtfrost im Oktober wurden die Blätter geschädigt, während daneben noch Paprika und Tomaten drei Wochen länger bis November ohne Schaden wuchsen.
Yakonpflanzen im Oktober, Frostschaden
Die Höhe blieb mit 80cm bei allen Pflanzen unter den Voraussagen. Blüten gab es keine. Ich habe sie dann Ende Oktober geerntet. Pro Pflanze gab es rund ein Kilo verwertbare Knollen. Nett, aber auch keine grossen Mengen.

Wie schmeckt sie?


Frisch geerntet und halbiert
Die entscheidende Frage. Zunächst die Konsistenz: Die Knollen sind nicht sehr hart, brechen leicht und sind unglaublich saftig. Die Knollenstruktur ist viel weicher wie Topinambur, die grossen Knollen wirken innen fast schon breiig, nur aussen fester.

Nun der Geschmack: Direkt nach der Ernte war das Aroma sehr schwach, sie wirken wässrig, auch keine Süsse war zu spüren. Sie sind noch geschmacksdünner wie Topinambur, höchstens ein erdiger Hauch wie bei Karotten. Erst im späteren Nachgeschmack kommen Aromen, aber sie sind unangenehm, ein anhaltender Bitterton breitet sich aus und etwas papierartiges, das sehr lange im Mund bleibt und dem Nachgeschmack einiger Süßstoffe entspricht, vor allem die aus Glykosiden, Steviablätter, Süßholz, aber ohne die Süsse. In diesem Zustand waren sie für mich eigentlich ein Fall für den Kompost.
Hell gelagerte Knollen wurden rosa
Dann lagerte ich sie eine Zeitlang hell, wie es empfohlen wird. Dadurch sollen sie süsser und besser werden. Zuerst änderte sich die Farbe, von Weiss zu Rosa. Jetzt stimmte auch der Sortennamen "rose". Letzte Woche schliesslich nochmal verkostet. Im Geschmack zeigten sie sich nun richtig süss, aber es ist eine neutrale Süsse ohne Begleitung, wie die einer Zuckerrübe, nur weicher in der Konsistenz und ohne jede Säure. Der Bitterton verschwand. Aber selten so eine langweilige, süssliche Wurzel gegessen.

Dafür hatte sie keine Krankheitsprobleme. Die Knollen waren makellos, Drahtwürmer und Schnecken mögen sie wohl nicht. Die Süsskartoffeln in der Nähe waren durchaus wieder angefressen, am Nichtvorhandensein der Schädlinge lag es nicht. Eine ziemlich gesunde Pflanze abgesehen von der Wasserbedürftigkeit. Sturm, Blattläuse, allerlei Raupen, Sonnenbrand, nichts hat sie niedergemacht. Das dargebotene Grün wird übrigens auch von den Hühnern abgelehnt. Unsere sind ansonsten wenig heikel und fressen gerne viel Grünes, aber Yakonblätter nicht. Für Menschen werden sie als Tee empfohlen.

Fazit


Das Ergebnis stimmt nicht gerade begeistert. Sie hat einfach zu wenig Aroma, um interessant zu sein. Die Süsse ist für ein Wurzelgemüse einzigartig, aber viel zu einseitig und nicht begleitet von Geschmack. Prädikat: Netter Versuch, wird aber erst einmal nicht viel Platz im Garten bekommen.

Stengel sind innen hohl, macht sie windfester

Yakon, Frisch aus der Erde gezogen

Yakon, eben geerntet





Mittwoch, 21. November 2018

Im Farbenrausch des Popcornmais

Manche Maissorten schaffen eine Farbenpracht, die fast schon psychedelisch wirkt. Und das muss auch kein nur zum Anschauen brauchbarer Ziermais sein, sondern je nach Sorte ist er auch sehr gut zur Popcornherstellung geeignet. Das aufgepoppte Popcorn bleibt natürlich weiss.

Im Anbau hat er aber einige Nachteile, wie ich mit der Zeit feststellen musste.
  • Sein Ertrag ist niedrig, sowohl pro Pflanze als auch der Flächenertrag. Kolben und Körner bleiben klein. Pro Pflanze wurden wenige und kleine Kolben angesetzt.
  • Er muss ganz ausreifen und benötigt dazu das ganze Vegetationsjahr. Zuckermais kann man je nach Sorte viel schneller ernten und die Fläche danach mit einer anderen Kultur im selben Jahr noch einmal nutzen.
  • Die Pflanzen sind nicht besonders gross und robust. Maispflanzungen unterdrücken oft den Unkrautwuchs recht gut, diese Sorten eher nicht.
  • Die richtig wilden und schönen Farben haben nur ein paar Kolben. Die Meisten sind gelb mit ein paar eingestreuten andersfarbeigen Körnern oder sogar ganz gelb. Den schönen Dekorationseffekt haben aber nur bunte Kolben und davon gibts nicht viele.
  • Das Saatgut ist teuer, in den Tütchen solcher Sorten sind nicht viele Körner.
Dieses Jahr hatte ich ihn wieder im Anbau, unter anderem die Sorte "Caritas". Die Kolben sind eine prima Zierde, jetzt sind sie ganz trocken geworden und die Popcornproduktion hat begonnen. Hier eine Bilderstrecke, was dabei herausgekommen ist.

Manche Kolben sind vollbunt












Sonntag, 11. November 2018

Schlehen, Schätze aus der Wildnis

Nutzgärtner ernten nicht nur aus dem eigenen Garten. Wer sich für Obst und Gemüse aus dem Garten interessiert, wird auch an Wildobst Interesse haben. Damit sieht es in Deutschland zwar nicht so reichlich aus, Mitteleuropa ist Dank der letzten Eiszeiten relativ artenarm und seit der Neuzeit ist das Land sehr stark vernutzt. Es ist ausgeräumt und verbaut. Mittlerweile wachsen die meisten Arten in Strassenrandhecken. Einige Wildobstarten leiden zudem schwer unter importierten Katastrophenschädlingen wie der Kirschessigfliege, Brombeeren, Holunder und Wildkirschen zum Beispiel. Aber es gibt ein paar Schätze, die mit Hilfe von zeitgemässen Verarbeitungsmethoden durchaus gute Leckereien ergeben können.

Die Schlehe


Reife Schlehen am Strauch
Einen dieser Schätze habe ich vor kurzem wieder einmal geerntet, was wie bei jeder Wildobstart Zeit benötigt. Im Eimer sehen sie aus wie kleine blaue Weinbeeren: Die Schlehe, Prunus spinosa, Schwarzdorn. Jeder kennt sie, sie ist häufig und eine wirklich einheimische Art. Schon im Frühling erkennt man sie von Weitem, ihr Blütenbesatz ist so reich dass die Sträucher reinweiss erscheinen. Insekten lieben die nektarliefernden Blüten ebenfalls. Dieses Jahr haben viele Sträucher Massenbehang. Die Beeren sind wegen der Trockenheit aber klein, die Pflückleistung liegt bei dichtem Beerenbesatz bei bis zu 2kg pro Stunde. Beisst man hinein, fragt man sich, wie man so eine gerbstoffhaltige, herbe Beere mit grossem Kern überhaupt nutzen kann. Zerquetscht man sie, erhält man eine schmierige Maische, die sich nicht abpressen lässt. Was soll man daraus schon machen?

Verarbeitung der Schlehen früher


Blütenpracht von Schlehensträuchern
Überkommene Hausrezepte raten zu übergiessen der Früchte mit heissem Wasser, dann ziehen lassen, abgiessen, das Ganze mehrfach wiederholen. Oder entsaften mit dem Dampfentsafter. Das wird auch vieltausendfach im Internet so verbreitet. Beides ergibt aber unbefriedigende Ergebnisse ohne gute Qualität. Das Ergebnis ist toterhitzt, wasserverdünnt, geschmacklich mässig, ausser man mischt noch Zucker hinein und verdünnt noch weiter.

Herrlicher Schlehensaft 


Reiche Ernte in Sicht
Wir gehen völlig anders vor, um einen exklusiven reinen Presssaft ohne Zusätze zu bekommen. In guten Jahren erreicht dieser Saft ohne weitere Zuckerung locker über 100° OE, dieses Jahr wieder 105° OE (21,6 Brix), 110° sind mein Rekord. Vergoren würde das um die 15% Alkohol ergeben. Schlehen sind für ein Wildobst nämlich aussergewöhnlich zuckerreich und kennt man die Tricks, um den Gerbstoffgehalt etwas zu senken, erreicht der Saft ohne Übertreibung die Qualitäten guter Rotweine. Wie Wein zeichnet er sich dadurch aus, dass er kein alleinbestimmendes Geschmackselement enthält, sondern aus einem Strauss verschiedener Aromen zusammengesetzt ist, die gut miteinander harmonieren und die Zunge auf Entdeckungsreise schickt. Die stärkste dieser Komponenten ist nicht wie erwartet ein Zwetschgenaroma, sondern Kirsche und Mandel. Daneben stehen Brombeere, Zwetschge, Lakritze, Kakao, Zimt.

Nur: Mit den Methoden der Vergangenheit bekommt man das nicht. Mit einer Presse kann man die pektinreichen Früchte auch nicht entsaften. Und wenn, ist der Saft sehr gerbstoffhaltig. Es heisst oft, nach dem ersten Frost würden die Gerbstoffe verschwinden. Das stimmt nur zum Teil. Der Frost baut keine Gerbstoffe ab, Tannine sind froststabil. Aber beim Auftauen platzen Zellen, die Früchte saften unter der Fruchthaut. Dadurch können sich Anthocyane aus der Fruchthaut und Tannine aus dem Fruchtfleisch verbinden und polymerisieren sich zu langkettigen Molekülen, die nicht mehr adstringierend schmecken. Der Vorgang findet erst nach dem Auftauen statt. Der Gerbstoffgehalt wird dann in der Tat schwächer, ist aber meist immer noch unangenehm stark. Direktsaft aus Schlehen nach Frost kommt immer noch auf bis zu 5g / Liter Gerbstoffgehalt, kräftige gerbstoffhaltige Rotweine haben maximal 2,5g / Liter. Der Bereich zwischen 1g und 1,5g wäre optimal.

Der Gerbstoffabbau findet auch bei Überreife statt, aber die wird in Mitteleuropa selten erreicht. In warmen Jahren ohne frühe Fröste kann es aber im Herbst durchaus sein, dann man angetrocknete Früchte vom Strauch essen kann, die kaum mehr Gerbstoffe haben. Darauf ist aber kein Verlass. Wir sind da in einer Zwickmühle: Späte Ernte sorgt für weniger Gerbstoffe aber auch weniger Saft, weil die Früchte mit der Zeit antrocknen. Oder wir bekommen gar keine mehr, weil Vögel abgeräumt haben.

Wie wirds denn nun gemacht?


Schlehen frisch aus der Tiefkühltruhe
Hier das System, das ich mit der Zeit entwickelt habe: Schlehen frühestens Ende Oktober pflücken, gegebenenfalls waschen und trocknen, dann in Plastiktüten füllen. Die kommen für zwei Tagen in die Tiefkühltruhe. Wieder rausholen, im geschlossenen Eimer auf Zimmertemperatur auftauen und warm werden lassen. Geschlossener Eimer deshalb, damit uns nicht das Kondenswasser alles verwässert, das sich sofort an den eisigen Früchten niederschlägt. Danach sind sie weich und leicht mit der Hand zerdrückbar geworden. Um diese Konsistenz zu bekommen werden sie eingefroren und nicht bloss wegen einer erhofften weiteren Gerbstoffreduktion. Schliesslich wird eine Prise Pektinase drübergestäubt und sofort eingemaischt. Das mache ich mit der Hand, aber es gibt sicher noch effizientere Methoden. Die Beeren werden einfach mit beiden Händen komplett zerquetscht, die Kerne bleiben in der Maische. Ein paar Stunden stehen lassen, abpressen, fertig ist der noch ziemlich gerbstoffhaltige Saft. Wie in der Weinbereitung ebenfalls üblich werden nun die Gerbstoffe reduziert, Mittel der Wahl ist Flüssiggelatine. Absetzen lassen, abziehen, probieren.
Maischeherstellung von Hand

Pektinase


Sieht wild aus, wird aber lecker. Schlehenmaische, verflüssigt.
Was ist Pektinase? Um pektinhaltige Maischen wie die aus Zwetschgen, Johannisbeeren oder hier Schlehen zu verflüssigen, verwendet man seit geraumer Zeit das Enzym Pektinase. Es ist in der Lage, Pektine zu spalten. Besonders in der Obstwasserherstellung werden Maischen damit versetzt. Ein bekannter Handelsname einer Pektinase ist "Antigel", das im Zubehörhandel für Hobbywinzer zu haben ist. Andere Pektinasevariationen laufen unter dem Handelsnamen Shiazym oder Pectinex. Pektine fungieren auch als die Kittsubstanz der Zellen, die dem pflanzlichen Gewebe die Festigkeit geben. Sie bestehen aus Vielfachzucker, überwiegend aus verknüpften Polygalakturonsäuren. Je nach Veresterungsgrad unterscheidet man zwischen hoch- und niederverestertem Pektin. Geliermittelprodukte für Marmelade enthalten normalerweise hochveresterte Pektine.

Durch die enzymatische Spaltung der Pektine durch die Enzyme in der Maische entsteht daraus Methanol in kleinen Mengen, das später beim offen sterilisieren (aufkochen) schon ab 65°C verdampft. Würde man Schlehenschnaps destillieren, müsste man allerdings fachkundig und konsequent arbeiten, damit Methanol vollständig abgetrennt wird. Für Brennversuche mit einer illegalen Amateurdestille im Hobbykeller eignen sich pektinasebehandelte Schlehen nicht.

Pudrig-pulvrige Pektinase
Bei Zimmertemperatur (je wärmer, desto schneller) dauert es nach intensivem Mischen der Pektinase mit der Maische nur wenige Stunden und die klebrige Maische gibt den Saft schnell frei. Das kann man auch sehen, er bildet kleine violettrote Seen an der Oberfläche. Auch die Aroma-, Säure- und Zuckerfreisetzung aus den Zellen ist besser.

Wer "Antigel" nimmt, sollte ruhig mehr dosieren wie auf der Packung vorgeschlagen. Die Gerbstoffe der Schlehen (Polyphenole) hemmen die Wirkung der Pektinase, das muss man ausgleichen. Überdosierung schadet nicht.

Abpressen


Abpressen mit dem Nylon-Handpressbeutel
Pektinasebehandelte Maische lässt sich viel leichter und besser auspressen. Bei Schlehen läuft das immer noch etwas zäh. Ich nehme dafür einen Handpressbeutel aus Nylon, ebenfalls ein Produkt aus dem Hobbywinzerhandel. War man eifrig und hat grössere Mengen gesammelt, gehen auch andere Pressmethoden wie Hydropresse oder Spindelpressen.

Die trocken gewordene Maische kann man ebenfalls noch einmal verwerten. Damit kann man noch einen Aufguss in der Art herstellen, wie es von all den Schlehensaftrezepten vorgeschlagen wird: Mit heissem Wasser übergiessen, stehen lassen, abgiessen. Hochwertigen Saft gibt das nicht mehr, aber gut zu trinken ist er noch nach der unten beschriebenen Gerbstoffreduktion.

Ausgepresste Maische

Gerbstoff reduzieren, Rohsaft erhalten


Bodensatz mit Gelatine/Gerbstoffe
In besonderen Jahren und bei später Ernte ist der rohe Presssaft bereits hinreichend harmonisch, weil er nicht mehr zu viele Gerbstoffe enthält. Man kann ihn direkt trinken, sterilisieren oder zu Gelee verarbeiten. Roh fängt er sofort zu gären an, also sofort verwenden. Meistens ist der Gerbstoffgehalt aber noch viel zu hoch. Um ihn zu reduzieren kennt man aus der Weinbereitung viele Möglichkeiten. Altbekannt und klassisch ist die Gelatineschönung. Mit Flüssiggelatine funktioniert das am Besten, auch sie kann man im Hobbywinzerhande leicht besorgen.

Bei Zimmertemperatur wird etwas Flüssigelatine eingerührt. Die Dosierung muss vom Gerbstoffgehalt abhängen. Hobbywinzerrezepte helfen hier nicht, Schlehensaft benötigt viel höhere Dosierungen. Diesmal musste ich bei mittlerem Gerbstoffgehalt pro Liter Saft etwa 2 Centiliter (ein Schnapsglas voll) zugeben. Sofort flocken Gelatine und Gerbstoffe aus. Hat man zu viel zugegeben, wird der Saft milchig, ganz ohne Gerbstoffe schmeckt er auch weniger gut. Also vorsichtig vorgehen, zugeben, rühren, einen Löffel probieren, eventuell noch einmal etwas zugeben. Was ausflockt, setzt sich in ein paar Stunden unten ab. Man zieht den Saft oben ab (z.B. über einen Schlauch), lässt den Bodensatz zurück. War der Gerbstoffgehalt hoch, gibt es viel Bodensatz, die Ausbeute ist dann leider gering. Fertig.

Flüssige Gelatine und Pektinase
Zwischen Gelatine und Gerbstoffen findet keine chemische Reaktion statt. Nur die Moleküle beider Stoffe ziehen sich gegenseitig an, lagern sich aneinander an, werden dadurch schwerer und sinken zu Boden ab. Andere professionelle Mittel zur Gerbstoffreduktion sind Eiweiss, Kasein, Silikat, Protein aus Erbsen, Chitosan - beim Wein gut erprobt, bei Schlehen bleibt noch viel auszuprobieren. Möglicherweise sind einige dieser Stoffe günstiger, um Bodensatz von Saft zu trennen, haltbarer, haben andere Vorteile.

Wir haben immer noch Rohsaft vor uns - nie erhitzt, direkt aus der Frucht. Jetzt kann man ihn heisssteril abfüllen (aufkochen) oder Gelee daraus machen. Eventuell ist noch eine leichte Zitronensäurezugabe nötig, damit es gut geliert. Man kann auch Fruchtleder daraus machen, Fruchtwein, ihn wegen seiner Farbe und Aroma irgendwo zumischen, Punsch...

Abgefüllt. Sehr kräftige schwarzrote Farbe, nichts scheint durch.

Käufliche Produkte


Zu kaufen gibt es ebenfalls eine Menge aus Schlehen, um populärer zu werden sind sie aber viel zu teuer. Es gibt Gin mit Schlehen, Trockenbeeren, Liköre, Schlehenwasser das zur Spitze der Obstwässer gehören kann, Marmelade zu Kilopreisen um die 30 EUR, Schlehenwein, Schlehenessig und Balsamessig, Pulver, einen Schlehenelixier mit viel Zucker und 35% Fruchtanteil zum Literpreis von über 40 EUR sowie Saft - in kleiner Flasche zum Preis eines sehr hochwertigen Weins.

Wer die Tricks heutiger Verarbeitungsmethoden kennt, kann das Wildobst selbst nutzen und damit eigene exlusive und qualitativ hochwertige Ergebnisse bekommen. 



Ernte

Die Farbe...

Donnerstag, 1. November 2018

Äpfel und Birnen lange lagern ohne kühlen Keller

Das zweithäufigste Argument gegen eigenen Kernobstanbau ist meistens des Satz "Ich kann es doch gar nicht lagern". Wohin mit dem leckeren Apfel- und Birnensegen guter Wintersorten, die man im Oktober vom Baum holt und die ohne kühlen Keller bald schrumpelig werden und abgebaut schmecken?

Das Grosslager und die Zeit vor dem Grosslager


Früher war es einfacher, kaum ein Haus war ohne tiefen Gewölbekeller, kühl aber frostfrei; hohe Luftfeuchtigkeit durch einen Lehmboden aber nicht nass. Äpfel von Ende Juli bis Mai; ab Oktober aus dem Lagerkeller. Selbst in keltischer Zeit waren schon Erdkeller in Hüttennähe zur Lagerung von Lebensmitteln massenhaft verbreitet, geformt wie eine Flasche, Einstieg mit einer einfachen Leiter von oben. Einfamilienhäuser aus den 1930er Jahren hatten noch ausnahmslos einen extra Kellerraum mit unverfugtem Stein- oder Lehmboden, der noch einen Meter tiefer lag wie der Rest des Kellers. Ab den 1960er Jahren war das komplett vorbei, seither hat praktisch kein neu gebautes Gebäude mehr einen kühlen Keller vorgesehen. Gekühlt wird seither mit Strom. Kernobst wird nur noch kommerziell mit hohem technischem und energetischem Aufwand in Grosslagern gelagert, das Obst per Lastwagen von weit her zu den Blechhallen in Industriegebieten an- und abgefahren, nach genauem Verfahren langsam ein- und ausgelagert, elektrisch gekühlt, technisch luftfeuchtekontrolliert, mit künstlicher Atmosphäre begast, mit Chemikalien wie 1-Methylcyclopropen (1-MCP, Handelsname "Smartfresh") behandelt, die Frische trotz Überlagerung vortäuschen und dergleichen mehr. MCP wird mittlerweile auf Alles angewendet, auch Kurzlagerung, von tropischen Früchten wie Papayas bis Steinobst wie Zwetschgen. Damit sieht die Ware im Supermarkt länger frisch aus. Wir sollen dies alles fleissig kaufen, essen und nicht zu viele Fragen stellen.

Heutige Lagermethoden für den kleinen Maßstab


Kiste mit Brettacher, frisch geerntet
Mit Lagerungsproblemen habe ich mich auch lange herumgeschlagen und allerlei auspobiert. Ideen kursieren da viele: Apfelkisten in Lichtschächte stellen mit Isolationsmaterial obendrauf oder in eingegrabenen grossen Regen- oder (unbenutzten, sauberen) Mülltonnen sind zwei Beispiele. Ein Bekannter hatte sogar einen Reihenhaus-Betonkellerraum rundum isoliert und mit Kälteaggregat dauergekühlt. Auch die Lagerung von Äpfeln in Folienbeuteln wird schon lange als Tipp gehandelt. 1-5 Kilo Äpfel werden in Folienbeuteltaschen gefüllt, verschlossen und die Beutel mit kleinen Löchern perforiert. Die Luftfeuchtigkeit steigt im Beutel, die Äpfel werden langsamer schrumpelig. Ihr Stoffwechsel geht weiter, sie veratmen Sauerstoff darin, produzieren Kohlendioxid, dessen Konzentration im Beutel ebenfalls steigt, so dass sich Atmung und Reifeprozess selbst bremsen. Die kleinen Löcher sorgen für weitere, aber verminderte Sauerstoffzufuhr. Ganz ohne Sauerstoff faulen die Äpfel, sie ersticken regelrecht. Damit kann man zu hohe Lagertemperaturen etwas kompensieren, die sonst zu erhöhter Stoffwechselrate führen. Je wärmer der Lagerraum, desto mehr Löcher, denn der Mindest-Grundumsatz der Äpfel ist bei höheren Temperaturen ebenfalls höher, sie brauchen dann mehr Sauerstoff um nicht zu ersticken. Mehr Stoffwechsel bedeutet aber auch schnellere Alterung. Erstickte Äpfel bekommen Kavernern, schmecken erst gärig, dann faulen sie. Diese Methode ist es, mit der ich einige Jahre lang experimentiert habe um ein paar ihrer Nachteile wie das Kondenswasserrisiko oder die Unhandlichkeit zu beseitigen. Heraus kam eine Folienhaubenlagerung. Die Ergebnisse sind überaus positiv.

Folienhaubenlagerung: So gehts in Kürze


Zwei Apfelkisten übereinander mit Folienhaube
Hier die Kurzfassung: Die Äpfel werden nach der Ernte trocken in Lagerkisten gelegt, direkt auf den Boden gestellt, die Kisten übereinander gestapelt. Nach etwa drei Wochen werden sie auf Fäulnis einzelner Früchte geprüft, die faul gewordenen Äpfel aussortiert. Dann wird eine Folienhaube über die gestapelten Kisten gezogen. Die Haube liegt locker am Boden an, absichtlich nicht dicht schliessend sondern nur locker aufgelegt. Zur Entnahme von Äpfeln zieht man die Folie nach oben ab, nimmt sich die benötigte Portion Äpfel heraus und streift die Folie wieder drüber.

Geeignete Räume


Alle Räume ausserhalb der thermischen Hülle eines Hauses mit Steinboden sind optimal: Garagen, Gartenhäuser, mausfrei sollten sie aber sein und dicht nach draussen, um Frost im Raum zu verzögern. Weniger gut aber möglich sind noch normale Kellerräume, kühler ist natürlich besser. Ich nutze unsere Garage mit Betonboden, die ist sowieso mit Imkereizubehör besetzt, das Auto steht wie bei den meisten Imkern nicht drin, sondern davor. Der nackte Betonboden sorgt für Temperaturausgleich.

Optimale Lagerkisten und Folienhauben


Auf vorhandene Griffmulden achten
Kleine Querlatte am Boden hilft viel
Die früher überall verbreiteten billigen Apfelkisten aus unbehandeltem Holz sind nirgends mehr im Nutzgebrauch, man bekommt sie kaum mehr. Apfelkisten für 10-20kg Äpfel sind aber optimal. Erst habe ich dünnwandige Apfelkisten aus Holz gekauft, die aber schnell zerbrochen sind, zu gross und nicht gut stapelbar waren. Dann massive Obstkisten mit den Massen 49 x 42 x 31cm, Wandstärke 10mm. Verkauft werden solche Kisten zur Dekoration, Aufbewahrung, als Möbelstück und sie kosteten rund 13 EUR pro Stück. Die Qualität wechselt, aber sie sind brauchbar. Vorsicht, es gibt verschiedene Anbieter mit auf den ersten Blick gleich aussehenden Kisten. Darauf achten, dass die Kiste eingesägte Mulden als Griffe und  vor allem eine Querlatte an der unteren Kante hat. Holz als Material ist gut, es enthält keine Fremdstoffe und wirkt feuchtigkeitsausgleichend. Von Plastik und Kartons ist abzuraten. Kartons aus dem Supermarkt sind sogar manchmal imprägniert - das will man nicht an Äpfeln. Plastik ist ungünstig, wenn es doch mal Schwitzwasser gibt, es nimmt keine Feuchtigkeit auf. Plastikkisten sind lieferbar, aber meiner Erfahrung nach schimmelt es da drin leichter bei Folienlagerung, deren Sinn es ist, eine höhere Luftfeuchtigkeit im Inneren zu halten.

Wem die Kisten zu gross sind und lieber gute Zugreifbarkeit statt grosser Mengen will, der kann auch flache und gut stapelbare Apfelstiegen nehmen, die manchmal in Behindertenwerkstätten gefertigt werden, billig sind die natürlich auch nicht, pro Kilo Äpfel die teuerste Methode. Beispiel: Die Apfelstiege der Tischlerei-Werkstatt der Lebenshilfe Lemgo.

Meine Folienhauben bzw. Folienhüllen waren der "Abfall" eines Matratzenkaufs. Matratzen sind damit eingepackt. Solche einfachen LD-Polyethylenhüllen mit 0,03mm oder 0,05mm Wandstärke werden auch für andere Möbelverpackungen verwendet. Man kann sie in verschiedenen Grössen kaufen, die unterschiedlichen Grössen sind oft nach dem Verwendungszweck bezeichnet: Bettenhüllen, Matratzenhüllen, Sesselhüllen, Couchhüllen. Mit diesen Stichworten findet man jede Menge Verkäufer.

Die Details und mehr Hintergründe

2x2 Kisten unter Folie Mitte März.
Knackfrische Äpfel!

Die Äpfel bleiben durch mehrere Faktoren deutlich länger frisch und knackig:
  • Unter der PE-Folie steigt die Luftfeuchtigkeit an. Davon profitieren welkgefährdete Sorten ganz enorm. Das betrifft zum Beispiel viele Renetten, die eine raue Schale haben, durch die viel Wasser verdunstet. Solche Sorten sind aromatisch und qualitativ erstklassig, welken aber schnell, werden schrumpelig. Unter der Folie verzögert sich das um Monate. Sollte unter der Folie Feuchtigkeit kondensieren (das ist am ehesten nach der Einlagerung der Fall, wenn die Äpfel noch sehr frisch sind, deshalb noch etwas länger ohne Folie stehen lassen), kann man die Folie zeitweise etwas anheben, damit den Luftaustausch beschleunigen und die Kondensation stoppen. Wer vorsichtig sein will, legt einen Feuchtigkeitsmesser auf die Äpfel, dann sieht man sofort ob man zuviel oder zu wenig Feuchtigkeit im Kistenstapel hat. Das habe ich probiert, die Luftfeuchte lag im Schnitt bei 90%. Ein idealer Wert für ein Lager, der auch im Grosslager eingehalten wird. Öffnet man die Folienhaube, dann steigt sie in nur zwei Stunden wieder auf 90%.
  • Die Folie behindert den Gasaustausch. So wie beim Folienbeutel steigt der CO2-Gehalt durch die Atmung der Äpfel an, je nach dem wie dicht die Folie zum Boden hin abschliesst. Ich habe das mit einem CO2-Messgerät mal gemessen. Aussenluft hat etwa 0,04% Kohlendioxidgehalt. Die Kohlendioxid-Konzentration unter der Folie stieg um 200ppm pro Stunde stetig an, Gesamtgehalt also nach einer Stunde 0,06%, nach einem Tag 0,5%. Das Maximum lag nach einigen Tagen bei 3%, was sicher von der Foliendichtigkeit nach aussen abhängt und je nach Situation stark schwankt. Die Atmosphäre in kommerziellen Lagern hat einen noch viel niedrigeren Sauerstoff- und 5-25% Kohlendioxidgehalt. Dieser Wert wird unter Folie nicht erreicht, ausser man schliesst sehr dicht. Dann bekommt man aber mehr Kondenswasserrisiko. Trotzdem nutzt der erhöhte Gehalt bereits etwas und verlängert die Lagerfähigkeit.
  • Brettacher, Mitte März.
    Unter Folie mit Bodenkontakt sind die Äpfel besser gegen tiefen Frost geschützt. Deshalb darf man die Kisten zum Beispiel nicht auf Tische stellen. Dort wären sie zwar unerreichbar für Mäuse, aber ohne Bodenkontakt kühlen sie in ungeheizten Aussenräumen stärker ab. Massiver Boden gleicht Temperaturen aus, wirkt sowohl gegen kalte Nächte wie warme Tage.
Auch unter Folienhauben faulen einzelne Äpfel, aber nicht mehr wie ohne Folienhaube. Zweimal in der Lagersaison sollte man umschichten und faulendes Obst aussortieren. Das ist kein Problem, die Hauben lassen sich leicht komplett abziehen. Sehr wichtig ist, dass der Ort mäusesicher ist. Sich einnistende Mäuse verderben sehr schnell ganze Kisten mit Fraßspuren und Mäusekot. Dieses Problem hat man auch bei anderen Lagerformen, dem erwähnten Lichtschacht, Erdkellern, der Gartenhütte.

Zwei bis drei Kisten kann man übereinanderstapeln. So ist der Platz und die Folie gut ausgenutzt, ohne dass die Apfelentnahme zu unhandlich wird.

Frostschutz?


Selbst tiefe Nachttemperaturen und Dauerfost im Freien führten in der Garage unter der Folienhaube auf Steinboden nur zu leichtem Frost. In einer Nacht mit -14°C Aussentemperatur hatte ich -5°C in der Garage und -3°C unter der Folie. Das vertragen Äpfel problemlos. Nur die Auslagerung gefrorener Äpfel sollte langsam geschehen, sonst bekommen sie glasige Stellen. Besser erst im Treppenhaus langsam wärmer werden lassen. In kühlen Gegenden bei arktischen Temperaturen oder schlechter geeigneten Aussenräumen kann man die Apfelkisten notfalls doch noch in den Keller schaffen, wenn die Wettervorhersage drastische Tiefsttemperaturen verkündet. Bei uns kam das in vielen Jahren nur einmal vor. Für ein paar Nächte kann man auch einen Frostwächter, eingestellt auf niedrigste Einschalttemperatur nutzen. Dessen Betrieb, elektrisch oder mit Gas kostet für ein paar Kältenächte nicht viel. Richtig heizen muss man nicht; es reicht bereits aus, die Temperatur um wenige Grad anzuheben. Man kappt nur die extremen Minustemperaturspitzen.

Welches Obst profitiert?


Birnen zeigten unterschiedliche Langlagerergebnisse. Leider habe ich zu wenig Lagersorten, um das wirklich breit auszuprobieren. "Gräfin von Paris" war anfällig gegen kondensierende Feuchtigkeit. Mehr als bei Äpfeln war es wichtig, dass die Früchte einwandfrei und schorffrei sind. Im Grosslager bekommen Birnen niedrigere Lagertemperaturen wie Äpfel, könnte sein dass die Temperaturen bei Birnen wichtiger sind wie andere Faktoren.

Neun Kisten fertig zur Einlagerung
Zu Äpfeln ein Vergleich mit "Brettacher", meiner langjährigen Hauptsorte: Im warmen Betonkeller war Januar, Anfang Februar Lagerende. Die Äpfel schrumpelten trotz der sortentypisch guten Wachsschicht auf der Schale schnell und bauten ab. In der Garage gelagert fand ab Februar eine zunehmende Verschrumpelung und Abbau statt, Lagerende Anfang April. Mit der Folienhaube in der Garage gelagert hatten die Brettacher bis März einwandfreie Qualität, erst im April gab es deutlicheren Abbau, letzte Äpfel Anfang Mai essbar.

Jonagold. Hier lohnt es sich weniger.
Noch stärker lagen die Unterschiede bei der hier häufigen Sorte "Zabergäu Renette", einem vollberosteten Apfel. Hier bleiben die Äpfel sogar mehr als zwei Monate länger gut. Weitere Versuche habe ich mit Wintertaffetapfel, Gloster, Jonagold, Idared, Glockenapfel, Boskoop, Gewürzluiken und anderen Sorten in geringerer Menge gemacht. Folienhauben verbessern die Lagerungdauer und Qualität bei Äpfeln generell erheblich. Weniger sinnvoll ist sie bei Herbst- und Weihnachtsäpfeln. Sorten, die sowieso nicht lange lagerfähig sind sollte man besser schnell essen, wenn sie noch höchste Qualität haben. Sorten wie Jonagold, Elstar und Goldparmänen sind Grenzfälle, im Naturlager bis Dezember oder Januar haltbar gewinnen sie zwar unter Folie, aber die feine sortentypische Blumigkeit wird trotzdem abgebaut.

Ausblick


Vieles kann noch ausprobiert werden. Interessant wäre es, die Kisten in die Folien zu stellen statt die Folien über die Kisten zu ziehen, dann oben teilweise zuziehen. Dazu wären Folien mit Reissverschluss gut. Wünschenwert wäre eine Atmosphäre mit höherem Kohlendioxidgehalt um das Obst herum. Dieses Gas ist schwerer wie Luft, bei Gasdichtigkeit nach unten könnten sich höhere Konzentrationen ansammeln ohne dass Wasserkondensation stattfindet. Denn man hat eher zu viel Feuchtigkeit und zu wenig CO2 unter der Folie.

Ein Versuch mit Quitten steht ebenfalls noch aus. Und schliesslich wäre es interessant, mittels einer CO2-Gasflasche, wie man sie für Aquaristik oder Zapfanlagen kaufen kann, von Anfang an ein künstlich CO2 angereichertes Folienklima zu erzeugen. Um das dosieren zu können wäre aber ein CO2 Messgerät nötig. Vorsicht, einige billige Geräte können keine höheren Konzentrationen messen, sie "drehen durch", die billigen Geräte chinesischer Provenienz schaffen in der Regel trotz anderslautender Behauptungen nur bis 3% Messbereich.

Die beste Erkenntnis: Ein Apfelbaum wächst leichter wie gedacht, gute Lagerung ist leichter wie gedacht.